«Unser Gehirn ist nicht dafür gemacht, konstant glücklich zu sein.» So war es vor einem Jahr in der Überschrift eines Interviews mit der Neuropsychologin I. Penner im «Bund» zu lesen. Dieser Satz löste in mir unterschiedliche Gefühle aus – von Enttäuschung bis Erleichterung! Für das Glücksempfinden zuständige Botenstoffe im Gehirn seien «nur begrenzt verfügbar» und würden dem Körper erst auf einen neuen Reiz hin wieder zur Verfügung gestellt, hiess es da.
Warum war ich enttäuscht? Weil es so schön ist, glücklich zu sein! Aber ich empfand auch Erleichterung! Ich muss nicht, ja, ich kann gar nicht immer glücklich sein! So oft kommt mir in den Medien dieser Anspruch entgegen; lachende, glückliche Gesichter, immer kann man alles «gut» machen – mit genug Einsatz, mit der richtigen Medizin, mit der richtigen Ernährung, mit der richtigen Versicherung, ja, mit der richtigen Einstellung zum Leben. Wenn das stimmt, dann stehe ich ständig unter einer Art Optimierungszwang: «Selig wird, wer an sich arbeitet.» Aber was bedeutet diese
Erkenntnis aus dem Interview ganz praktisch in meinem Alltag? 1. Ich muss nicht denken, dass ich etwas falsch gemacht habe, wenn ich einmal nicht auf Wolke sieben schwebe. 2. Ich möchte kritisch hinterfragen, wenn ich vorschnell nach kleinen «Glücksmachern» greife, um ein gewisses «Glückslevel» zu halten. Und wie sieht es im Zusammenhang mit dem Glücklich-Sein mit folgendem Vers aus: Gott nahe zu sein, ist mein Glück. (Psalm 73,28)? Er hat mich neu ins Nachdenken gebracht. Ich habe mich gefragt: Wann bin ich Gott eigentlich nahe? Die verblüffende Antwort war: Immer! Warum? Weil Gott sich dafür entschieden hat, mir nahe zu sein. Das ist wirklich ein Glück: Dass sich der, der uns gemacht und gewollt hat, um uns sorgt und kümmert. Spüre ich das in jedem Moment gleich stark? Nein, leider nicht... Aber es ist gut, dass es deswegen nicht weniger wahr ist.