Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag liegt eineinhalb Wochen hinter uns. Seit 1832 wird er am dritten Sonntag im September gefeiert. Die Helvetische Republik Napoleons war gerade passé. Es folgte eine politisch und konfessionell
spannungsreiche Zeit für die Eidgenossenschaft, die auseinanderzugehen drohte und neu zu einer Einheit finden musste. Diese kritische Epoche mündete in den Sonderbundkrieg, der der modernen Staatsgründung und der neuen Bundesverfassung von 1848 vorausging. Der Bettag blieb auch danach bestehen und wurde vom Staat - nicht von den Kirchen - als Feiertag verordnet. Die Obrigkeit erkannte, dass es nicht in ihrer Macht lag, die Willensnation Schweiz
zusammenzuhalten. Der fragile Wille der Eidgenossen, füreinander einzustehen, war letztlich nicht politisch von aussen durchzusetzen, sondern nur, wenn sich Schweizer Seelen konfessionsübergreifend innig zu Gott zur Versöhnung ausrichten würden. Bettage gehen auf das biblische Israel in Zeiten der Not zurück. Diese Tradition wurde im Mittelalter fortgeführt. Anlässlich tragischer Ereignisse wie Kriege, Epidemien, Katastrophen und Hungersnöte wurde das Volk zum Beten aufgerufen. Ein «Grosses Gebet der Eidgenossen» ist bereits vor der Reformation bekannt. Danach waren die reformierten Kantone führend in der Praxis von Buss- und Bettagen. Die Geschichte zeigt, worum es beim Gebet geht. Es beginnt mit der Anerkennung der eigenen Ohnmacht, Grenzen und Unmöglichkeiten und endet mit der Zuwendung zu der Macht, den Freiheiten und Möglichkeiten, die nur Gott zustehen. Beten ist kein Selbstgespräch. Der Einzige, der das Gebet wirklich hören muss, hört. In euren persönlichen Nöten und nicht zuletzt in den politischen Krisen, in denen die Schweiz und die weite Welt stecken: Betet, freie Schweizer, betet!