Die langweiligste Fernsehsendung ist für mich die Ziehung des Schweizer Zahlenlottos.
Es ist Jahre her, seit ich zum letzten Mal zugesehen habe, wie in einer drehenden Trommel Bälle mit Zahlen durcheinandergewirbelt werden. Schliesslich kommen sechs davon durch eine röhrenförmige Vorrichtung in einen Behälter. Unmittelbar darauf folgt die Verkündigung, ob der Jackpot geknackt worden ist oder nicht, beziehungsweise welchen Betrag der oder die Glückliche gewonnen hat.
Das Betrachten von Kugeln mit sechs gewöhnlichen Zahlen zwischen 1 und 42 finde ich wenig aufregend. Ganz anders wäre es wohl, wenn ich selber einen Lottoschein ausgefüllt hätte. Dann bekämen die Zahlen für mich plötzlich eine persönliche Bedeutung. Ich hielte bei der Ziehung den Atem an und bei jedem richtigen Tipp würde sich mein Herzschlag beschleunigen. Dank diesen Beobachtungen beim Schweizer Zahlenlotto kann ich besser verstehen, wenn mir eine Person sagt, Gottesdienste seien zum Gähnen langweilig. Der immer gleiche Ablauf mit Singen, Gebet, Bibellesungen und Predigt motiviere am Sonntagmorgen in keiner Weise aufzustehen und in die Kirche zu gehen. So wie das Schweizer Fernsehen die
Ziehung der Lottozahlen durch die Jahre modernisiert hat, so versuchen auch die Kirchen, attraktive Elemente verbunden mit zeitgemässer Technik in die Gottesdienste einfliessen zu lassen. Doch bei allen Bemühungen bleibt die entscheidende Frage, ob ich im Geschehen drin bin oder nicht. Habe ich den Lottozettel ausgefüllt? Rechne ich damit, von Gott persönlich angesprochen zu werden?
Beispielsweise mit dem ersten Vers von Psalm 23: «Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.» Ich schlage Ihnen Folgendes vor: Nehmen Sie einen gelben Leuchtstift und markieren Sie ungeniert auf diesem Zeitungsblatt das Wort «mein». Wenn Sie nun den Satz mehrmals langsam lesen, was stellen Sie fest? Gerne dürfen Sie mir schreiben!