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Weilerzone bietet Vorteile – aber nicht nur

Weilerzone bietet Vorteile – aber nicht nur
In Herolfingen gehen die Meinungen, ob eine Weilerzone sinnvoll wäre, auseinander. / Bild: Silvia Wullschläger (sws)
Konolfingen: Ganz oder teil­weise leerstehende Bauernhäuser können in einer Weilerzone einfacher aus- und umgebaut werden. Allerdings befürchten aktive Landwirte auch Nachteile.

«Bewohnerinnen und Bewohner von Herolfingen und Gysenstein sind mit einer Petition für eine Weilerzone an den Gemeinderat gelangt», sagt Simon Buri, Ressortvorsteher Hochbau/Planung. Es gebe Leute, die ihr Bauernhaus, das nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird, ausbauen wollten. In der Landwirtschaftszone sei das nur sehr eingeschränkt möglich. «So darf man eine Wohnung für einen Betriebsleiter einbauen, dies in einer begrenzten Grösse», nennt Simon Buri ein Beispiel. Gebe ein Landwirt seinen Betrieb auf, sei es zudem nicht möglich, in den Ökonomieteil des Bauernhauses Wohnungen einzubauen. «Ein Weiler hat so kaum eine Möglichkeit, sich zu entwickeln. Zudem bleiben leerstehende Gebäude oder Gebäudeteile ungenutzt.» 


Wohnraum und Gewerbe möglich

In einer Weilerzone ist dies anders. Bauernhäuser und andere heute bewohnten Gebäude können vollständig genutzt werden für Wohnraum. Auch mässig störende Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe sind möglich, zum Beispiel in nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Ökonomiegebäuden oder Nebenbauten. Jedoch darf dies keine zusätzliche Erschliessung, etwa eine neue Strasse, nach sich ziehen. «Auf diese Weise bleiben die Weiler erhalten und bewahren ihren Charakter, auch wenn nicht mehr auf jedem Hof Landwirtschaft betrieben wird», erklärt Simon Buri. Dies sei denn auch die Absicht des Gemeinderats. 

Allerdings ist dessen Spielraum nicht allzu gross. So ist im kantonalen Richtplan genau vorgegeben, welche Kriterien für diese Zone zu erfüllen sind. Zum Beispiel muss der Weiler mindestens fünf ganzjährig bewohnte, nichtlandwirtschaftlich genutzte Gebäude aufweisen. Die Bauten sollen maximal 30 Meter voneinander entfernt liegen. Ein Weiler muss zudem von der nächstgelegenen Bauzone klar abgegrenzt sein, etwa mit einigen 100 Metern unüberbautem Gebiet dazwischen. Gerade Letzteres sei dafür verantwortlich, dass in der Gemeinde Konolfingen nur Herolfingen und Gysenstein für eine Weilerzone in Frage kämen, sagt Simon Buri. Die anderen Ortsteile – etwa Stalden und Ursellen – befänden sich zu nahe am Dorf.  


Konflikte mit Mietern befürchtet

Doch noch wichtiger als die genannten Kriterien ist dem Ressortchef Hochbau/Planung, dass die betroffene Bevölkerung dahinter steht. Und hier zeigt sich ein etwas widersprüchliches Bild. In einer Umfrage konnten sich die Bewohnerinnen und Bewohner von Herolfingen und Gysenstein zur Weilerzone äussern. Im Detail ausgewertet ist sie noch nicht, trotzdem kann Simon Buri ein erstes Fazit ziehen: «In Gysenstein fielen die Reaktionen mehrheitlich positiv aus, allerdings haben sich weniger Leute an der Umfrage beteiligt als in Herolfingen.» Dort seien die Meinungen geteilt. Die eine Hälfte wolle eine Weilerzone, die andere nicht. Was sind die Gegenargumente? «Landwirte befürchten Konflikte mit künftigen Mietern, etwa wegen Lärm- und Geruchsemissionen. Oder dass sie beim Bauen eines Stalls oder einer Scheune – was weiterhin möglich bleibt – eingeschränkt würden, weil zu Wohngebäuden Abstände eingehalten werden müssen», nennt Buri eine Hauptsorge der aktiven Landwirte. 


Niemand muss dazu gehören

Einer Weilerzone müssten nicht zwingend alle Gebäude einer Siedlung zugeordnet werden. Es sei möglich, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.  «Wenn jemand das nicht will, ist das Thema aber für die nächsten zehn Jahre vom Tisch», schildert Simon Buri die Konsequenzen. Die Zukunftsaussichten der (noch) aktiven Landwirte dürften also eine zentrale Rolle spielen. Werden Landwirtschaftsbetriebe aufgegeben und liegen diese in der Weilerzone, können sie ohne Umzonung umgenutzt und ausgebaut werden. 

Ob die Weilerzone in Herolfingen unter diesen Vorzeichen weiterverfolgt wird, kann Buri noch nicht sagen. «Wenn die Hälfte dagegen ist, muss man sich schon gut überlegen, ob dies der richtige Zeitpunkt dafür ist.» Sowieso wird es noch dauern, bis die Weilerzone in Kraft treten würde. Spricht sich der Gemeinderat dafür aus, wird die Zonenplanänderung vorbereitet. Dazu können die Bürgerinnen und Bürger Stellung nehmen. Schliesslich gibt es eine Volksabstimmung. Definitiv entscheiden wird dann der Kanton, genauer das Amt für Gemeinden und Raumordnung AGR. «Dort haben wir bereits eine Voranfrage eingereicht und grundsätzlich grünes Licht erhalten», sagt Buri.


«Kanton nutzte Handlungsspielraum»

Dies bestätigt Daniel Wachter, Vorsteher des AGR. Die Vorgaben des Bundes in Sachen Weilerzone seien klar, die Kriterien, die es einzuhalten gelte, in der Raumplanungsgesetzgebung aufgeführt. Der Kanton habe nur einen sehr begrenzten Handlungsspielraum. «Im Fall von Gysenstein haben wir diesen genutzt, denn dort ist der Abstand zur nächsten Bauzone eigentlich nicht eingehalten.» Gemäss den bundesrechtlichen Vorgaben sei eine «klare Zäsur» mit einigen hundert Metern unüberbautem Gebiet nötig, führt Wachter aus. In diesem Fall sorge ein Bach trotz kürzerer Distanz für die nötige Abgrenzung, weshalb der Kanton die Voranfrage der Gemeinde positiv beantwortet habe. 

Nicht einig bei der Mehrwertabschöpfung

Nicht einig sind sich Gemeinde und Kanton beim Thema Mehrwertabschöpfung. «Wird ein Haus einer Weilerzone zugeteilt und kann dadurch vollständig und nicht nur teilweise ausgebaut werden, handelt es sich um eine Einzonung. Es hat dadurch mehr Wert. Wir sind der Meinung, dass deshalb eine Abgabe von 30 Prozent auf dem Mehrwert erhoben werden darf», erläutert Simon Buri die Haltung des Gemeinderats Konolfingen. Das eidgenössische Raumplanungsgesetz sage ebenfalls, dass bei Aufzonungen eine Mehrwertabgabe anfalle. Das habe das Bundesgericht im Jahr 2020 bestätigt. 

Der Kanton ist anderer Meinung. Daniel Wachter vom Amt für Gemeinden und Raumordnung sieht hier keinen Handlungsspielraum. Eine Weilerzone stelle lediglich eine beschränkte Bauzone dar und werde nach wie vor der Landwirtschaftszone zugeordnet. Und dort sei die Rechtsgrundlage klar: «Das Bundesrecht sagt, dass in der Landwirtschaftszone keine Mehrwertabschöpfung möglich ist.» 

06.01.2022 :: Silvia Wullschläger (sws)