Tage, an denen nichts so recht gelingen will, die kennen Sie bestimmt. Jeder Buchhalter verrechnet sich
einmal.
Jeder Zahnarzt bohrt einmal daneben. Selbst der Pensionär tut sich manchmal schwer. Oder nicht?...?
Es ist Sonntag und ich müsste meiner Tastatur noch eine Kolumne entlocken. Nächste Woche habe ich keine Zeit, da ist
alles schon verplant und am Donnerstag muss ich liefern.
Darum also heute, Sonntag. Nur fehlt die Inspiration.
Welch ein Armutszeugnis! Gerade in so bewegten Zeiten! Na los, Heiniger, denk nach!
Was ist gerade halbwegs
aktuell?
Advent, zum Beispiel. Ich könnte
darüber schreiben, dass wir ein Volk voller Zuversicht und unerschütterlichem
Familiensinn sind. Schliesslich glauben wir fest daran, dass auch wir einmal Multimillionäre werden. Und an der Urne
stellen wir sicher, dass niemand unseren Kindern diesen Reichtum streitig macht, wenn wir dereinst selber in der
Urne ruhn. Welch schönes Geschenk zum ersten Advent. Aber damit ist dann auch schon alles gesagt. Wie ein Musenkuss
wirkt das jedenfalls nicht.
Um den Kopf zu lüften, gehe ich spazieren. Den Wald hinauf, dann über die Weide empor durch den Schnee. Oben auf der
Krete zu Atem kommen. Unter verhangenem Himmel über die Landschaft blicken: Geradeaus die Schratte, rechts der
Hohgant, noch weiter rechts die Sieben Hengste. Davor Hügelzüge über Hügelzüge. Weisse Matten, schwarze Wälder. Ein
Panorama wie ein Scherenschnitt. Darüber liesse sich schreiben. Über die atemberaubende Schönheit dieser magischen
Murmel, auf der wir uns tummeln. Und wie wichtig es wäre, diese Pracht zu schützen. Aber das wird
schnell
pathetisch. Wer Augen im Kopf hat, sieht das ja.
Kaum daheim schellt das Telefon.
Ein Freund ruft an. Wie schön! Statt Text zu tippen, verbringe ich eine
unterhaltsame Stunde am Apparat.
Ich stelle fest, es gibt vieles zu erzählen, aber nicht unbedingt für die
Zeitung. Noch immer keine Idee
für die Kolumne. Ich wühle in alten Notizbüchern. Das hilft manchmal. Vielleicht
habe ich irgendwann etwas festgehalten, ohne zu wissen wofür. Ein vergessener Geistesblitz. Die Chance ist klein,
aber vorhanden.
Wahllos zücke ich ein Büchlein, schlage es an beliebiger Stelle auf und lese mein Geschreibsel. Ich
erinnere
mich. An selbigem Tag wollte mich die Inspiration auch
nicht anspringen. Mit seitenfüllenden Buchstaben habe ich
damals die Worte notiert:
«Hier steht gar nichts.» Damit lässt sich
arbeiten.