Wann immer ich im Supermarkt die Hand nach einer Tütensuppe ausstrecke, höre ich innerlich ein meckerndes Lachen und zucke zurück. Das Lachen gehört Sebastian Lege, der einem im ZDF-Format «Besseresser – Lege packt aus» jegliche Art von Industriespeisen versaut. Gnadenlos entlarvt er Zutatenlisten und führt vor, welchen Mist die Konzerne verwenden, um Geld zu machen. Das diabolische Grinsen und Lachen von Lege ist in meinem Kopf gespeichert.
Es gab Zeiten, da konnte ich ohne Fix- und Fertig-Tüten kaum ein gescheites Menu auf den Tisch bringen. Dann verlegte ich mich darauf, schnelle Gerichte zu lernen. Meine kleinen Zwillingstöchter banden jedem auf die Nase, dass «Mama nie länger als 15 Minuten kocht». In meiner letzten Ehe war dann mein Damaliger für die Küche verantwortlich, was mir aber nicht besonders gut bekam. Aber das ist eine andere Kolumne.
Seit fast 20 Jahren, also seit ich in der Schweiz lebe, habe ich das Zubereiten von Speisen als Entspannungsübung entdeckt. Das Hantieren mit feinem Gemüse, Bio-Fleisch und Gewürzen aus aller Welt macht mir Freude. Die Resultate sind meist gut essbar. Aber irgendwie beschleichen mich Bedenken über unseren Überfluss. Ja, ich denke an Menschen, die sich jeden Krümel erkämpfen müssen, während wir im Discounter überlegen, ob wir die Nektarinen «Prima Gusto» kaufen oder doch die billigeren.
Kürzlich erstand ich das Kochbuch von Christoph Rüffer, einem Hamburger Drei-Sterne-Koch, der seine Lieblingsrezepte zusammenfasste, die er zu Hause kocht. Ich freute mich, dass diese Rezepte meist mit weniger als zehn Zutaten auskommen – und bemerkte gleichzeitig, wie pervers das eigentlich ist. In diesem Überfluss, in dem wir leben, bin ich begeistert davon, wenige Zutaten verarbeiten zu dürfen. Die Sehnsucht nach Einfachheit ist nicht von der Hand zu weisen.
Ich komme aus der Generation, die Fleisch, Gemüse und Sättigungsbeilage auf einem Teller gelernt hat. Dieses «und was gibt es dazu?», wenn ich Gemüse vorschlage, schränkt mich doch bei meinem Wunsch nach einfachen Speisen gewaltig ein. Was mich aber fasziniert sind regionale alte Rezepte, die den Überfluss und auch den Mangel dokumentieren. Unsere Vorfahrinnen haben aus den Produkten, die sie hatten, das Bestmögliche gezaubert.
Letztens bekamen wir einen Grosseinkauf heimgeliefert. Kühlschrank und Regale quollen über von Frischgemüse bis zur Konserve. Doch wir überlegten: Was gibt´s heute zu essen? – Wir gingen dann zum Chinesen…