Wann kommt er endlich? Er hat doch gesagt, er würde kommen!» Wir alle kennen diese Situation, in der wir ungeduldig die Augen auf die Uhr fixieren und auf einen geliebten Menschen warten. Und plötzlich klopft dieser Mensch uns von hinten auf die Schulter und schliesst uns in seine Arme. Das Glück des Wiedersehens lässt die kaum auszuhaltende Wartezeit schnell vergessen. Vielleicht hat letztere die Freude sogar noch grösser gemacht. Wer wartet schon gerne? Geduld scheint keine angeborene Tugend zu sein, sondern muss eingeübt und kultiviert werden. Je näher das Ende des Wartens rückt, desto weiter scheint es entfernt. Die letzten Stunden, Minuten, ja Sekunden fühlen sich oft wie eine halbe Ewigkeit an. Die Adventszeit, mit der das Kirchenjahr beginnt, lädt in unserer schnelllebigen Zeit gerade dazu ein, sich über das heilversprechende Warten zu besinnen. Traditionell ist sie eine Zeit der Busse, der geistlichen Einübung in das Warten auf das Kommen des Messias und seines Friedensreiches. Worauf warten wir eigentlich? Drängt sich in einer Welt, die nicht zur Ruhe kommt, nicht eine tiefe Sehnsucht nach einer Liebe auf, die uns Frieden bringt? Sind wir bereit, darauf zu warten, oder geben wir unserer Rastlosigkeit nach und verdrängen diese Sehnsucht? Möchten wir nicht wie die Hauptfiguren des Theaterstücks «Warten auf Godot» des irischen Schriftstellers und Nobelpreisträgers Samuel Beckett vergeblich auf einen Gott warten, der nie kommen wird, weil es ihn gar nicht gibt? Die Adventszeit kann uns dabei helfen, diese anzunehmen und ihr Raum zu geben, uns auf das Warten einzustimmen. Christlich glauben heisst warten, aushalten und sich in Geduld einüben, bis der langersehnte menschenfreundliche Gott einen umarmen wird. Die Verheissung ist uns gegeben: «Ja, ich komme bald. - Amen, komm, Herr Jesus!» (Offenbarung 22,20)