Diese besondere Bretzel ist eine Spezialität des oberen Emmentals mit einer langen Geschichte. / Bild: Karl Johannes Rechsteiner (kjr)
Emmental: Wenn diese besondere Bretzel in den Bäckereien auftaucht, beginnt die Weihnachtszeit. In unserer Region werden seit Menschengedenken Weihnachtsringli gebacken.
Der Teig ist unverwechselbar ineinander verschlungen. Sie heissen zwar Ringli, werden aber als Bretzeln gebacken.
Schon die Form weist auf die grosse Tradition dieses Gebäcks hin. Denn die Bretzel wird seit dem zwölften
Jahrhundert als Wappen für die Zunft der Bäcker verwendet. Wo dieses Symbol bei einem Laden zu sehen ist, wird Brot
verkauft. Im oberen Emmental gehören im Advent auch Weihnachtsringli zum Sortiment.
Schon die Römer feierten mit Ringli
Auch die Geschichte des hellen Weizengebäcks reicht zurück bis tief ins Mittelalter. Spezialitäten aus Weissmehl
waren früher ein Luxusprodukt, zum Beispiel ebenso die Züpfe. Heute kriegen wir täglich fein belegte Zopf-Sandwiches
für die Verpflegung unterwegs, doch einst kam das gezöpfelte Weissbrot höchstens als Sonntagszüpfe auf den
Zmorgetisch.
Und Ringli gab es seit den Römern zu besonderen kirchlichen Festen. Bis heute überlebt haben sie in der Schweiz etwa
als Zunftbretzeln der Basler Fasnacht oder hierzulande eben als Weihnachtsringli.
Trotz der historischen Überlieferung hat es das Gebäck überraschenderweise noch nicht ins Inventar des kulinarischen
Erbes der Schweiz geschafft, in dem bisher über 400, meist lokale, Produkte erfasst und beschrieben werden.
Mit Ringli Gutjahr wünschen
«Ringli gab es, seit ich denken kann», erzählt Frieda Thomi. Die 86-jährige Mutter des Signauer Bäckers Michael
Thomi erinnert sich noch gut daran, dass sie in der Kindheit bei der Sonntagsschule im Dieboldswil ein Ringli als
Weihnachtsgeschenk erhalten hat. Und sie liebt das feine Gebäck bis heute. Seit den 1960er-Jahren arbeitet Frieda
Thomi in der familiären Bäckerei mit. An Märitstanden und im Laden habe sie in der Vorweihnachtszeit natürlich immer
auch viele Ringli verkauft, erzählt sie.
Mancherorts haben Bäckersleute die Spezialität sogar von Haus zu Haus vertragen. Oder es kam eine «Weggefrau»
vorbei, mit einem Korb voll der duftenden Gebäcke. Emmental Tourismus zitiert auf seiner Website den Schriftsteller
Jeremias Gotthelf: «Es kamen Gvatterleute, mehrere hintereinander, und brachten das Gutjahr den Kindern und
Weihnachtsringe.» Und: «Bäbeli sorgte nach seinen Kräften für ein fröhliches Mahl. Zu den Weihnachtsringen hatte es
ganze Milch holen lassen.»
In Richigen beispielsweise spendete vor vielen Jahren offenbar eine Dame einen Fonds, mit dem für die Schulkinder
jedes Jahr Ringli zum Jahresende finanziert wurden.
«Sobald ich Schnee riechen kann»
Ab wann genau werden denn die Weihnachtsringli gebacken? Bäcker Michael Thomi schmunzelt: «Wenn ich den Schnee
riechen kann, beginnt die Saison für die Ringli.»
Das genaue Rezept verrät er nicht. Wenn die Winterkälte beginnt, wird das Weissmehl mit viel Butter, Milch, Eiern
und etwas Zucker zu einem Hefeteig verarbeitet, kühl gestellt, ausgerollt, mit Eigelb bestrichen, zu Bretzeln
geschlungen, kurz gebacken und möglichst frisch und nature verspiesen.
Meist sind die Ringli nur bis Silvester erhältlich und werden dann zum Dreikönigstag vom nächsten Leckerbissen
abgelöst.