Doch noch an der WM dabei

Doch noch an der WM dabei
Wie schon vor zwei Jahren wird Marylin Thomi (Mitte, Nr. 9) auch an dieser WM für die Schweiz auflaufen. / Bild: Fabian Trees
Unihockey: Wegen einer Knieverletzung fiel Nati-Verteidigerin Marylin Thomi fast ein Jahr aus. Dennoch ist sie nun eine von insgesamt sechs Spielerinnen von Skorpion Emmental, die an die Weltmeisterschaft nach Tschechien reisen.

Die Leidensgeschichte von Marylin Thomi (28) begann im Oktober 2024. Da zog sie sich eine Fraktur des Tibiaplateaus zu, also des obersten Teils des Schienbeins. Sechs Wochen ging sie an Krücken. Weil sie danach immer noch Schmerzen hatte, wurde eine weitere Untersuchung gemacht, die einen Knorpelschaden im Knie zeigte. Im Januar 2025 wurde sie operiert. Es folgte ein langer und beschwerlicher Aufbau. Belohnt wurde dieser mit dem Comeback im zweiten Saisonspiel - und vor zwei Wochen schliesslich mit dem Aufgebot für die Weltmeisterschaft, die vom 6. bis 14. Dezember in Tschechien stattfindet. Im Gespräch erzählt die Kapitänin von Skorpion Emmental von ihrem Weg zurück und schaut voraus auf die WM, die sie zwischenzeitlich schon abgeschrieben hatte.


Marylin Thomi, wie geht es Ihnen aktuell?

Es geht mir gut, ich fühle mich fit. Ich geniesse die Spiele sehr, die Freude am ­Unihockey ist noch grösser als vor der Verletzung. Es war eine lehrreiche Zeit.


Aber sicher auch eine schwierige.

Ja. Gerade die Operation im Januar hat an der Moral gezerrt. Als ich dachte, dass es jetzt aufwärts geht, kam ein erneuter Rückschlag. Ab da konnte ich aber langsam mit dem Aufbau beginnen und es ging stetig vorwärts.


Wie sah dieser Aufbau aus?

Es begann damit zu lernen, die Muskeln wieder ganz anzuspannen. Danach folgte Laufschule und Krafttraining. Ich war von unserem Athletiktrainer Stefan Kneubühler super betreut. Auch das ganze Sommertraining habe ich individuell absolviert. Leider hatten wir noch mehr Langzeitverletzte und konnten so eine eigene Trainingsgruppe bilden. Gerade Corin Haldemann und Marla Siegenthaler waren enge Wegbegleiterinnen. Wir haben uns gegenseitig motiviert. Ende August bin ich dann langsam aufs Feld zurückgekehrt, spielte aber zuerst noch ohne Körperkontakt.


Und Ihr Comeback verlief dann optimal.

Ja. Im ersten Spiel gegen die Wizards sass ich noch auf der Bank, um kein Risiko einzugehen. Jedoch durfte ich dann zum ­Penalty anlaufen. Ich war wohl noch nie so nervös. Umso schöner waren dann das Gefühl und die Reaktion des Teams, als ich traf. Auch in den folgenden Spielen lief es gut und ich sammelte ungewohnt viele Skorerpunkte.


Haben Sie immer an die WM-Teilnahme ­geglaubt?

Im Sommer und beim Saisonstart absolut. Ich habe intensiv darauf hingearbeitet, rechtzeitig für die Euro Floorball Tour (EFT) in Chur Mitte Oktober fit zu sein, da dies die Hauptprobe für die WM war. Als ich dann aber sah, dass ich nicht im Aufgebot stand, da habe ich die Hoffnung eigentlich begraben.


Wie lief dann die Kommunikation mit ­Nationaltrainer Oscar Lundin?

Er hat mich rund eine Woche vor der EFT angerufen und gefragt, ob ich auch nach Chur komme, um mit dem Team zu trainieren. Trotz langer Abwesenheit wurde ich vom Team super aufgenommen.


Wie haben Sie schliesslich vom Aufgebot erfahren?

Das ganze Team musste Anfang November in Winterthur Leistungstests absolvieren. Ich ging im Wissen hin, dass ich top sein muss, um überhaupt noch eine Chance zu haben. Gleich im Anschluss hatte ich ein Einzelgespräch, und da wurde mir mitgeteilt, dass ich dabei bin.


Wie sieht nun das Programm aus?

Es geht Schlag auf Schlag. Vom 27. bis zum 30. November absolvieren wir im Tessin ein Pre-Camp. Danach geht es nochmal nach Hause, ich arbeite ein paar Tage, ehe wir am 4. Dezember dann abreisen. Wir fliegen nach Wien und fahren von da aus mit dem Zug nach Brünn, wo wir am 6. Dezember das erste Gruppenspiel bestreiten.


Vor zwei Jahren beendete die Schweiz das Turnier auf Rang 4. Die beiden Siege beim Turnier in Chur steigern nun die Hoffnung. Wie sieht die Zielsetzung aus?

Es ist noch schwierig, weil ich nun das ganze Jahr nie dabei war. Für mich ist aber klar: Wenn man an ein solches Turnier geht, dann will man auch gewinnen.


Wie wird Ihre Rolle bei der WM sein?

Im Gegensatz zum Turnier vor zwei Jahren ist das aktuell noch unklar. Ich werde wohl erst nach dem Pre-Camp mehr dazu sagen können. Ich freue mich, dabei zu sein. Die Verletzung hat mich diesbezüglich auch Lockerheit gelehrt. Ich will den Moment geniessen, aber gleichzeitig meine Chancen nutzen und mich zeigen.


Wo sehen Sie das Team im Vergleich zur letzten WM?

Wir haben mithilfe des neuen Performance-Coaches viel in die Athletik investiert. Das sollte man nun auf dem Feld auch sehen, da haben wir Fortschritte gemacht. Auch bezüglich Professionalität sind wir weiter, weil es diesen Pool für Entschädigungen für die Nationalspielerinnen gibt.


Wie funktioniert dieser?

Nationalspielerinnen erhalten eine kleine finanzielle Entschädigung. Im Gegenzug sind wir verpflichtet, nicht mehr als 80 Prozent zu arbeiten und die zusätzliche Zeit ins Training zu investieren. Ich versuche ebenfalls, neben meinem Beruf als Köchin möglichst optimal zu trainieren und ausreichend Zeit in die Regeneration zu investieren. Darauf muss ich nun noch besser achten.


Auf was freuen Sie sich besonders?

Zum einen auf das Spiel gegen Lettland, weil da unsere Skorps-Teamkollegin Evelina Garbare spielt. Sie ist bekannt für ihr Körperspiel, deshalb wird es spannend, ihr international gegenüberzustehen. Zum anderen freue ich mich, dass mich meine Familie vor Ort unterstützt. Vor zwei Jahren in Singapur war das kaum für alle möglich. Mein Freund war aber da. Nun sind sogar meine Eltern dabei, sie werden dafür zum ersten Mal fliegen.

Die WM in Tschechien

Die diesjährige Unihockey-Weltmeisterschaft der Frauen findet vom 6. bis am 14. Dezember in Tschechien statt. Alle Gruppen- sowie die ersten Playoff-Spiele werden in Brünn ausgetragen, ab dem 10. Dezember werden alle Partien in Ostrava gespielt. Die Schweiz trifft in der Gruppenphase auf Lettland, Dänemark und zum Abschluss auf die Mitfavoritinnen und Gastgeberinnen aus Tschechien. Von den 20 aufgebotenen Spielerinnen bestreiten 7 ihre erste WM auf dieser Stufe, darunter Naja Ritter und Torhüterin Ladina Töndury von Skorpion Emmental. Die Emmentalerin in Diensten von Zug United, Nathalie Spichiger, bestreitet bereits ihre fünfte A-WM, auch Skorps-Verteidigerin Doris Berger bringt Erfahrung aus über 50 Länderspielen mit. «Die Mischung aus Routiniers und Neulingen sowie der verschiedenen Spielerinnentypen ist genau so, wie wir es -haben wollten», sagt Natitrainer Oscar Lundin. Alle Spiele des Schweizer Teams werden vom SRF live übertragen.

27.11.2025 :: Micha Strohl (msz)