André Petersson fühlt sich in Langnau wohl und würde gerne eine weitere Saison im Dress der SCL Tigers spielen. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Er spielte einst fünf Minuten in der NHL, flüchtete vor dem Krieg und kam nur als Notlösung nach Langnau. Nun ist André Petersson bester Torschütze des Teams.
Es klang wie ein schlechter Scherz, als die SCL Tigers im Sommer vermeldete, dass Stürmer Aleksi Saarela in Finnland in den Militärdienst einrücken müsse und der bis 2027 gültige Vertrag mit ihm deshalb aufgelöst werde. Der 28-Jährige, der in vier Saisons für die Tigers 73 Tore schoss, hatte es verpasst, sich rechtzeitig um seine Armeepflichten zu kümmern und wurde deshalb zum Wehrdienst in der Heimat einberufen. Quasi über Nacht stand Langnau ohne seinen produktivsten Angreifer da. Und dies keine drei Monate vor dem Saisonstart, wo valabler Ersatz kaum mehr verfügbar ist. Schliesslich wurden die Tigers in Schweden fündig, wo vom Team HV71 André Petersson verpflichtet werden konnte. So kurzfristig der 35-Jährige im Emmental landete, so unglücklich verlief sein Start. Noch vor Saisonbeginn verletzte er sich im Training an den Rippen und verpasste dadurch die ersten vier Partien. Als er dann endlich spielen konnte, machte er sogleich klar, dass er nicht mit der Absicht in die Schweiz gekommen war, als Notlösung herzuhalten. Bei seinem Debüt, der 3:4-Niederlage gegen Davos, gelangen ihm direkt zwei Tore. Acht weitere sind seither dazugekommen, zuletzt eines am vergangenen Samstag bei der knappen Derby-Niederlage gegen den SC Bern. Damit ist der Skandinavier bester Torschütze des Teams und mit acht Vorlagen hinter Dario Rohrbach zweitbester Skorer.
«Ich war zu jung und nicht bereit»
15 Jahre vor dem Wechsel nach Langnau startete die Karriere von André Petersson bei seinem Jugendverein HV71. Im Alter von 20 Jahren wurde er in seiner ersten kompletten Profisaison direkt Schwedischer Meister. «Nicht viele Spieler dürfen das einmal erleben, deshalb werde ich das nie mehr vergessen», sagt er heute über diesen Erfolg. Nach einem weiteren Jahr in der Heimat startete er 2011 das Abenteuer Nordamerika. Der Traum? Die NHL. In der Organisation der Ottawa Senators, von denen er 2008 gedraftet wurde, spielte er eine starke erste Saison in der AHL (23 Tore/21 Assists) und im Januar 2012 ging der grosse Traum in Erfüllung. Gegen Anaheim (mit Jonas Hiller im Tor) kam er zum NHL-Debüt mit den Senators. Seine Eiszeit betrug exakt 5:02 Minuten. Weshalb das erwähnenswert ist? Es sollte sein einziger Einsatz in der NHL bleiben.
«Ich war damals zu jung und noch nicht bereit für die Spielweise dort. Ich hätte ein, zwei Jahre länger in Europa bleiben sollen», sagt er rückblickend. «Deshalb sind die Erinnerungen an dieses eine Spiel auch
nicht wirklich aufregend.» Erschwerend kam in der Folge hinzu, dass er im zweiten Jahr wegen einer Verletzung acht Monate lang ausser Gefecht gesetzt war. In der dritten Saison lieferte er dann wieder eindrückliche Skorerwerte in der AHL ab, eine weitere Chance in der NHL bekam er aber nicht mehr.
Eine Rückkehr nach Schweden kam für Petersson (noch) nicht in Frage und so wechselte er mit 24 Jahren nach Russland. «Ich wollte auf dem höchstmöglichen Level spielen und die KHL war damals nach der NHL die beste Liga der Welt», sagt er. Dazu kam eine fürstliche Entlöhnung und so wurde aus einem Jahr Osteuropa deren sieben – in Diensten von Sotschi, Omsk, Dynamo Moskau, Jaroslawl und Astana (Kasachstan). Die strengen Corona-Regeln mit einem Leben in Isolation war für die Familie mit zwei kleinen Kindern in fremder Umgebung bereits eine grosse Herausforderung. Als dann 2022 auch noch der Krieg in der Ukraine ausbrach und Petersson erneut mit Verletzungen zu kämpfen hatte, war die Zeit gekommen, sich aus Russland zu verabschieden und nach Schweden zurückzukehren.
«Wir würden gerne bleiben»
Nach drei Saisons zurück bei HV71 – und seiner einzigen WM-Teilnahme 2023 – folgte diesen Sommer dann eben der unvorhergesehene Wechsel nach Langnau. Lange überlegen musste er bei der Offerte nicht. «Ich wollte immer einmal in der Schweiz spielen, weil man von dem Land und der Liga nur Gutes hört», so Petersson. «Es wird offensiv gespielt, es geht hin und her und es gibt viele Torchancen. Das macht Spass.»
Sportlich sind auch seine Kinder, die Tochter (8) spielt Fussball, der Sohn (6) Eishockey bei den SCL Young Tigers. «Es gefällt uns allen sehr gut hier und wir würden gerne noch ein weiteres Jahr bleiben», sagt Petersson, der als Hobbys Fischen und Jagen angibt. Erste Gespräche mit dem Club hätten bereits stattgefunden, konkret wurde es dabei aber noch nicht. Trifft André Petersson weiterhin so fleissig, ist ein Verbleib bei den Tigers durchaus realistisch. Ein anstehender Militärdienst sollte dem Wunsch jedenfalls nicht im Wege stehen.