Nadine-Sara Lüthi (rechts) ist der Kasper, ihre Mutter Christine Lüthi der Bluemechöli. / Bild: Regine Gerber (reg)
Bärau: Die Kasperbühne Aubergine tourt seit 18 Jahren mit Kasperli-Geschichten durch die
Region. Dahinter steckt ein Mutter-Tochter-Duo: Christine und Nadine-Sara Lüthi. Mit viel Liebe zum Detail gestalten die beiden Frauen ihre eigenen Stücke, Figuren und Bühnenbilder.
Kaum ein Platz ist mehr frei im Saal des Schulhauses Rüderswil. In den vorderen Reihen sitzen die Kinder dicht nebeneinander und warten gespannt, dahinter Eltern und Grosseltern. Kurz vor Beginn müssen noch zusätzliche Stühle her – der Andrang ist gross. Und dann geht das Licht aus und die Stimme von Kasper ertönt. Das Abenteuer kann beginnen.
Wenn in der Region ein Kasperlitheater stattfindet, ist die Chance gross, dass die Kasperbühne Aubergine dahintersteckt. Dieses Jahr spielt sie rund 40 Vorführungen in Schulaulen, Theater- und Mehrzwecksälen und sogar unter freiem Himmel. Auch am Kambly-Weihnachtsmarkt wird sie wieder zu sehen sein. Meist sind die Ränge voll, wenn der Kasper ruft: «Hoi zäme!»
Harmonisches Mutter-Tochter-Duo
Die Kasperbühne Aubergine ist ein Familienprojekt: Mutter Christine Lüthi und Tochter Nadine-Sara Lüthi aus Bärau sind seit 18 Jahren mit ihrer mobilen Kasperbühne unterwegs. Wie kommt es, dass sie zusammen Handpuppentheater machen? Nadine-Sara Lüthi ist ausgebildete Schauspielerin und Tanzpädagogin und in verschiedenen Projekten in diesen Bereichen engagiert. Doch mit dem «Kasperle» begann ihre Mutter vor über 30 Jahren. «Nadine war im Kindergarten, als ich mein erstes Kasperlitheater spielte», erinnert sich die 66-Jährige. Eine Kindergärtnerin suchte damals eine Spielpartnerin für ein Jubiläum und Christine Lüthi sagte spontan zu. Aus dem ersten Auftritt wurde eine regelmässige Sache. Als die ursprüngliche Partnerin aufhörte, stieg die Tochter ein. «Für mich war sofort klar, dass ich das Kaspertheater mit meiner Mutter weiterführen will», sagt die 38-Jährige, die heute in Bern lebt.
Die beiden Frauen schreiben ihre Stücke selbst, gestalten Figuren und Bühnenbilder und treten immer öfter auf. «Wir harmonieren sehr gut», meint Christine Lüthi. «Vielleicht auch, weil wir uns offen sagen können, was wir wollen und was nicht», ergänzt die Tochter.
Abenteuer zum Mitfiebern
Die Rollen der Hauptfiguren sind klar verteilt. Nadine-Sara Lüthi spielt den Kasper, die Mutter dessen Freund, den Bluemechöli. Je nach Stück kommen verschiedene Figuren hinzu. «Diese müssen wir so aufteilen, dass es von den Szenen und Armen her aufgeht», erklärt Nadine-Sara Lüthi. «Die schalkigen Figuren sind uns ans Herz gewachsen», erzählt Christine Lüthi. Was die Geschichten ausmache? «Zwei Freunde, die zusammen losziehen und ein Abenteuer erleben. Und ganz viel Humor.»
So ist es auch an diesem Nachmittag im Stück «Im Dracheland». Die beiden Helden suchen ein Gegenmittel, um die verzauberte Prinzessin zu erlösen. Denn diese findet alles nur noch «... blöd, blöd, blöd!». Immer wieder werden die Kinder einbezogen. «Helft ihr alle mit, den Bluemechöli zu rufen?», fragt der Kasper, als sein Freund noch nicht da ist ist. Und schon tönt es lautstark durch den Saal: «Bluemechöli, Bluemechöli!»
Traditionell und doch modern
Kasperli scheint zu begeistern wie eh und je. Wie erleben dies Christine und Nadine-Sara Lüthi? «Die Kinder leben immer noch mit, wie vor 20 Jahren», sagt Christine Lüthi. «Kasper und Bluemechöli sind Identifikationsfiguren, die zeitlos funktionieren», ergänzt Nadine-Sara Lüthi. Für die Kinder sei ein Kasperlitheater nach wie vor ein
eindrückliches und unmittelbares Erlebnis. Verändert habe sich lediglich das Alter des Publikums, beobachtet Christine Lüthi. «Durch die frühere Einschulung sind die Kinder vor der Bühne jünger geworden.»
Nadine-Sara Lüthi bezeichnet die Kasperbühne Aubergine als «traditionell-modern»; sie sei klassisch im Stil, mit viel Märchenhaftem, aber auch mit zeitgemässen Themen und Figuren. Prinzessinnen sind hier mutig, Räuber manchmal schusselig und die bösen Figuren nicht gruselig.
Bevor die Kinder auf den Zuschauerbänken Platz nehmen können, braucht es für jedes neue Stück rund drei Wochen Arbeit. «Nadine hat meistens die Grundidee und entwickelt den Plot», erzählt die Mutter. Sie selbst schreibt die Dialoge. Gemeinsam probieren die Frauen dann aus und feilen, bis es passt. «Während der Vorführungen halten wir uns aber nicht immer an den Text, sondern reagieren auch oft spontan», lacht Christine Lüthi.
Die gewünschten Charaktere müssen ausgearbeitet und passende Figuren gesucht werden. Obwohl es im Haus von Christine Lüthi ein ganzes Zimmer voller Handpuppen gibt, entstehen immer wieder neue. «Wir nehmen bestehende Figuren, nähen ihnen aber selbst Kostüme», erklärt sie. Auch die Bühnenbilder – es sind keine Kulissen – gestalten die beiden mit viel Fantasie, Freude am Detail und zusammengesuchten Requisiten. Im Stück «Dracheland» etwa fliegt Sand durch den Saal, wenn der Kasper und der Bluemechöli ein Loch schaufeln – zur grossen Freude der Kinder.
Ein neues Stück sei bereits in Planung, erzählt das Duo. Welches Abenteuer der Kasper und sein Freund, der Bluemechöli, darin erleben werden, bleibt vorerst noch geheim. Sicher ist nur: Es wird die Kinderaugen bestimmt wieder zum Leuchten bringen.