Die Neuauflage ist reich bebildert, zum Beispiel mit dem «Bärgli bei Dürrenroth» von Fred Baumann. / Bild: Roth-Stiftung Burgdorf
Heimisbach: Die Simon Gfeller Stiftung gibt «Eichbüehlersch» neu heraus. Der einzige Roman des Schriftstellers kommt mit vielen Bildern von Emmentaler Landschaften daher.
Simon Gfeller war ein Menschenkenner und einer, der die Menschen liebte. Darum wachsen einem seine Figuren ans Herz, auch wenn sie Ecken und Kanten haben. In seinem Roman, der 1940 erschien, zeigt er, zu was eine starke Frau imstande ist und dass sie im Notfall auch allein einen Hof führen kann. Wegen vieler Schicksalsschläge muss Änni, eine wohlhabende Bäuerin, den Hof weiterführen und den Enkel allein grossziehen. Ersteres gelingt ihr hervorragend. Dank ihres starken Willens bleibt der Eichbüehl im Familienbesitz und kommt gegen Ende der Geschichte in gute Hände. In der Erziehung von Res läuft jedoch einiges schief. Aus Angst, ihn zu verlieren, behütet Änni ihren Enkel zu fest. Res findet nicht zu sich selbst und bleibt bis zu seinem frühen Tod fremdbestimmt. Die Stärke eines Menschen hat immer auch eine Schattenseite, das beschreibt Gfeller eindrücklich.
Auf dem Hof hat jeder seinen Platz
Der Roman gibt detaillierte Einblicke in frühere Zeiten, beispielsweise in das Denken reicher Bauern. Als eine junge Magd auf dem Hof kündet, weil sie heiraten will, denkt Änni: «S´Hürate cha men em Dienschtevolch nid verbiete, wo wett me süscht am Änd Chnächten u Jumpfere härnäh?» Eine Halsabschneiderin ist Änni jedoch nicht. Gfeller schildert das Leben auf dem Hof als ideale Gemeinschaft, in der jedes Mitglied seine Aufgabe und seinen Platz hat, auch ein beeinträchtigter Mann. Änni hängt an ihren Bediensteten. Von der Kur bringt sie jedem ein kleines Geschenk mit, das sie auf dem Heimweg gekauft hat. Und auf dem Totenbett ordnet sie an, dass ihre Meisterjumpfer Marie bis zum Tod auf dem Hof bleiben darf. Änni bemüht sich, recht zu den Nachbarn zu sein und gut zu den Armen. Einer Familie erlaubt sie, auf einem Stück Land zu heuen. Als Änni stirbt, pilgern viele Menschen auf den Eichbüehl, um sie noch einmal zu sehen, und alle Gäste werden auf dem Hof verköstigt.
Gfeller lesen - Wurzeln spüren
Simon Gfeller ist ein Dichter, der für Dinge Worte findet, die schwierig zu beschreiben sind. Die Schule ist für Resli ein «Gchööch, wo het müesse gmahlen und gschlückt wärde, heig es ne guet düecht oder nid, ohni dass er innerlig dervo zgrächtem wär packt worde u grosse Gwinn dervotreit hätt.» Als Resli die Schulzeit endlich beenden kann, schreibt Gfeller: «Das süürelig schmöckige Bildungs-Chalberchübeli, wo me ne nüün Johr druus träicht het, ischt i d'Rumpelchammere gwanderet.» Solche und andere Redewendungen bringen einem zum Schmunzeln und wecken Erinnerungen an frühere Generationen. Simon Gfeller lesen bedeutet immer auch, die eigenen Wurzeln zu spüren.
Reich und farbig bebildert
Die Neuausgabe des Buches ist reich bebildert mit farbigen Abbildungen aus der Roth-Stiftung Burgdorf. Zu sehen sind Emmentaler Landschaften mit Bauernhäusern. Zwei lesenswerte Nachworte über den Roman runden das Buch ab. Darin ist unter anderem zu erfahren, dass Simon Gfeller seiner Frau Meta viel verdankte und dass sie es war, die ihn zu diesem Roman inspirierte.