Bäume und ihre Geschichten

Bäume und ihre Geschichten
Die mehrere Kilometer lange Baumreihe markiert die Grenze zwischen Luzern und Bern, die vor allem im 15. Jahrhundert immer wieder zu Streitigkeiten führte. / Bild: zvg
«Bäumig» (4/4): Stattliche Bäume wirken erhaben und mächtig. Viele dieser Baumriesen lebten schon vor Jahrhunderten - kein Wunder, dass sie bei uns Menschen viele Emotionen wecken.

Sie weiss zu beeindrucken und signalisiert: Hier beginnt etwas Neues - die mehrere Kilometer lange Baumreihe nördlich des Napfs. Dass sie genau auf der Grenze der Kantone Luzern und Bern verläuft, ist kein Zufall. Um den Verlauf der Grenze gab es immer wieder Streitigkeiten. Die Gemeinden Schangnau, Marbach, Escholzmatt und Trub können davon ein Liedchen singen - sie wechselten teils mehrfach die Seiten. Intensiver wurde der Zwist, als nicht mehr lokale Herrscher das Sagen hatten, sondern Luzern und Bern. Nach Jahrzenten sollte der Streit am 12. März 1470 mit dem Vertrag über die «Völlige Richtung» beigelegt werden. Darin stellte man fest, dass man «beidersite bishar mengerley irrungen gehept haben.» Völlig geklärt wurde der Grenzverlauf, insbesondere im Gebiet Hochänzi Richtung Norden, aber erst mit einem Schiedentscheid vom 5. November 1572. Gut möglich, dass die Baumreihe - vor allem Buchen - damals gepflanzt wurde und seither für Frieden sorgt. Als Friedensbaum schlechthin gelten Linden, von denen besonders auf den Högern des Emmentals viele thronen. Diese ziehen auch oft Verliebte an. Was gibt es Schöneres, als wenn sich ein Paar unter einer Linde findet? Wahrlich filmreif war 1964 das Zusammentreffen von Resli und Anne-Mareili bei der Linde auf Ober Rämis, Gemeinde Langnau. Regisseur Franz Schnyder wählte nämlich diese Linde für die legendäre Szene im Film «Geld und Geist». Wäre es nach dem Geld gegangen, wäre die letzte der bekannten Tannen des Dürsrütiwaldes, welcher im Besitz des Kantons Bern ist, schon vor Jahren gefällt worden. Mit einer ursprünglichen Höhe von mehr als 50 Metern hätten die rund 30 Kubikmeter Holz einen beträchtlichen Erlös ergeben. Die Fläche, wo der Baum stand, gilt jedoch als Alt- und Totholzinsel, was bedeutet, dass «alte Bäume der natürlichen Entwicklung überlassen werden». Vor ziemlich genau zwei Jahren wurde der Baum dann doch gefällt - in einer illegalen Aktion. Von seiner Pracht hatte er zu diesem Zeitpunkt schon einiges eingebüsst: Orkan Lothar hatte der Tanne 1999 die Krone abgebrochen, zudem war sie dürr. Die Fällaktion löste bei der Bevölkerung heftige Reaktionen aus, wie sich Mitarbeitende der kantonalen Waldabteilung Voralpen erinnern. Auch als plötzlich mehrere Scheiben der bis zu 1,60 Meter dicken Tanne fehlten, sorgte das erneut für Unmut. Gesägt worden war nun aber mit dem Segen des Kantons. Eine Scheibe erhielt die Forschungsstelle WSL, welche diese untersucht. Die Ergebnisse lägen noch nicht vor, ist dort zu erfahren. Eine andere Scheibe wird im Regionalmuseum Chüechlihus an die Baumriesen der Dürsrüti erinnern. Ein Riese von einem Baum ist ebenso der Ahorn auf Heiligkreuz, unweit der Wallfahrtskirche, die seit mehr als 500 Jahren Leute anzieht. Für viele gehört nebst dem Besuch der Kapelle auch einer bei dem Baum dazu. Wie klein man doch als Mensch ist, angesichts eines Baums, der über eine 30 Meter breite Krone verfügt. Der Ahorn wird von der lokalen Tourismusorganisation als Kraftbaum angepriesen: «Der gut in der Erde verwurzelte und weit in den Himmel ragende Bergahorn ist ein Sinnbild der gesunden Lebenskraft, ein Symbol, das für die Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur steht.»

16.10.2025 :: Bruno Zürcher (zue)