Die Unparteiischen im Fokus

Die Unparteiischen im Fokus
Alles unter Kontrolle. Beatrice Gerber in ihrem Element / Bild: Jael Heim
Sport: In dieser und der kommenden Woche stehen im Rahmen der «Week of the Referee» in neun Spielsportarten für einmal die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter im Vordergrund.

Wettkampfsport ohne Schiedsgericht ist kaum denkbar. Insbesondere im Spielsport sind auf allen Niveaus jährlich unzählige Unparteiische zentraler Teil des Geschehens. Wertgeschätzt wird die oftmals ehrenamtliche Tätigkeit jedoch nicht immer. Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter erledigen immer dann einen guten Job, wenn sie kaum auffallen. Während gute Pfeifleistungen im besten Fall zu einer friedlichen At­mosphä­re in Sporthallen oder am Spielfeldrand führen, erregen Fehlentscheidungen die volle Aufmerksamkeit. Im Rahmen der «Week of the Referee» soll den Unparteiischen daher der Respekt gezollt werden, der ihnen während der ganzen Saison gebührt. Es soll für ihren unermüdlichen Einsatz gedankt sowie vermittelt werden, dass respektvolles Verhalten von Spielern, Trainerinnen und Zuschauenden gegenüber dem Schiedsgericht eine Selbstverständlichkeit sein sollte.


Ein verantwortungsvoller Posten

Eine dieser zahlreichen Schiedsrich­terinnen ist Beatrice Gerber. Seit 25 Jahren spielt sie Volleyball beim VT Langnau, seit 18 Jahren zusätzlich im Mixed-Team des VBC Lützelflüh. So profitiert auch sie seit Jahren vom Ehrenamt der Unparteiischen und engagiert sich nun selbst seit drei Jahren für ein friedliches kompetitives Gegeneinander. «Schiedsrichterin zu sein reizte mich schon immer. Ich fragte mich, wie es wohl sein würde, selbst einmal auf diesem Bock zu stehen und entschied mich kurzerhand, die Schiedsrichterprüfung zu machen», so die 41-Jährige. Menschen zu finden, die bereit sind, sich als Schiedsrichter ausbilden zu lassen und als solche zu amten, ist durchaus eine Herausfor­derung. Es sei dabei wohl in erster Linie der damit verbundene Zeitaufwand und die Angst, Fehlentscheide zu treffen, was viele von diesem Amt abschrecke, sagt Gerber.


Für ein Sackgeld und Spesen

Auf eine Theorieprüfung, welche Beatrice Gerber online absolvieren konnte, folgten zwei praktische Übungsspiele. Unter den Augen eines Experten wurde danach ein Prü­fungsspiel gepfiffen. Als Neuschiedsrichterin wird man in der Folge für
die ersten zwei, drei Spiele von einem Mentor begleitet. Mit dem Erwerb der Schiedsrichterlizenz ist Gerber verpflichtet, mindestens zehn Spiele pro Saison zu pfeifen. «Mit Hin- und Rückreise, Vorbereiten in der Halle und Pfeifen bin ich pro Partie schnell vier Stunden beschäftigt», so die Zollbrückerin, die ihre Spiele ausschliesslich in der Region pfeift. Entlöhnt für ihre Arbeit werden Unparteiische im Amateursport kaum. Im Volleyball ist es auf Regionalliganiveau ein kleines Sackgeld sowie ein Betrag für die Spesen, womit die Tätigkeit entschädigt wird. «Ich pfeife, weil Volleyball meine Leidenschaft ist. Wenn ich in der Halle bin, kann ich am besten abschalten», meint Gerber. Zudem geniesse sie es, während des Pfeifens verschiedene Teams spielen zu sehen und manchmal gar etwas von ihnen lernen zu können, um es dann als Spielerin auf dem Feld umzusetzen.


Das Selbstvertrauen ist zentral

Mit jedem erfolgreich gepfiffenen Spiel gewinne sie an Selbstvertrauen, erklärt Gerber. Rund 30 Partien pfiff sie in den letzten zwei Saisons. Trotzdem verunsichere es sie, wenn sie böse Blicke und abwertende Gesten von Spielerinnen und Zuschauenden erhalte. Manchmal vergesse man, dass Schiedsrichter ja auch nur Menschen sind. «Man kann einfach nicht alles sehen, und schon gar nicht unter Zeitdruck immer die richtigen Entscheidungen treffen. Wenn mein Job nicht wertgeschätzt wird, verletzt mich das.» Umso selbstbewusster fühle sie sich, wenn es ihr gelinge, bei Unruhe den Überblick zu bewahren. Das gebe ihr ein Vertrauen in ihre Fähigkeiten, welches ihr dann auch in anderen Situationen im Leben zugute komme, erzählt die Schiedsrichterin. Grundsätzlich fühle sie sich respektvoll behandelt, in der «Week of the Referee» jeweils besonders. «In der ersten Saison habe ich gar nichts davon mitbekommen. Im letzten Jahr durfte ich während dieser Zeit nach jedem Spiel ein Bild mit dem Heim- und dem Auswärtsteam machen. Zudem überreichte mir jedes Team eine kleine Aufmerksamkeit, das war wirklich schön.»


Der Zusammenhalt untereinander

Momentan pfeift die Leiterin der Coop-Filiale in Sumiswald Spiele bis zur 3. Liga Pro, der fünfthöchsten Schweizer Liga. «Falls ich befördert werde, würde ich gerne auch mal ein Spiel auf höherem Niveau leiten. Da sind die Spielzüge einfach nochmal schöner.» Es seien Experten, die dies basierend auf der Leistung ent­scheiden würden. Eine Partie auf nationaler Ebene - 1. Liga und höher - würde sie aufgrund des Spieltempos dennoch nicht leiten wollen. «Das ginge mir viel zu schnell.» Zudem fühle sie sich sehr wohl im Kreise der Unparteiischen der Region Bern-Solothurn. «Wir habe eine Whatsapp-Gruppe mit allen Schiedsrichtern und helfen uns gegenseitig aus, wenn jemand ein zugeteiltes Spiel doch nicht pfeifen kann. Diesen unkomplizierten und flexiblen Umgang untereinander geniesse ich.» Für die Zukunft wünscht sich Gerber, dass die Wertschätzung der Unparteiischen auch ausserhalb der «Week of the Referee» zu spüren ist. Der obligate Handshake zwischen Spielern und dem Schiedsgericht solle keine reine Routineangelegenheit sein. Gerne nehme sie nach Spielen zudem Rückmeldungen der Spielerinnen oder der Trainer zu ihrer Leistung an, auch wenn diese negativ sein sollten. Denn schliesslich wolle sie sich stetig verbessern.

Zehn Sportverbände sagen Danke

Die diesjährige «Week of the Referee» findet vom 17. bis 26. Oktober statt. Zehn Sportverbände machen heuer mit. Die Woche ist eine Präventionskampagne von Swiss Olympic und verfolgt zwei Ziele: Dank ausdrücken sowie respektvollen Umgang zur Selbstverständlichkeit machen. Die Homepage der «Week of the Referee» wirbt auch für die Schiedsrichtertätigkeit und stellt Kompetenzen ins Zentrum, die auch ins Privat- oder Berufsleben übertragen werden können.

16.10.2025 :: Jael Heim