Zum Beispiel in Altersheimen und Spitälern entlasten Zivildienstleistende das Fachpersonal. / Bild: zvg
Emmental/Entlebuch: Das Parlament will den Zugang zum Zivildienst erschweren und der Armee so zu mehr Soldaten verhelfen. Was sind die Folgen für die Einsatzbetriebe von «Zivis»?
Bundesrat und Parlament wollen mit verschiedenen Massnahmen dafür sorgen, dass es weniger Zulassungen zum Zivildienst gibt. Ziel ist es, die Armeebestände wieder zu erhöhen. Hintergrund sind die steigenden Zahlen beim Zivildienst. Waren es 2011 noch 4670 Zulassungen, lag die Zahl im letzten Jahr bei fast 6800. Stoppen will die Politik diesen Trend, indem der Wechsel von Personen, die erst nach Beginn des Militärdienstes ein Gesuch stellen, erschwert wird. Im letzten Jahr wurden knapp 45 Prozent der Gesuche nachträglich gestellt. Der Bundesrat rechnet mit einem Rückgang der Zulassungen auf 4000 Personen pro Jahr (minus 40 Prozent). Mit der Gesetzesänderung werde Gesuchen entgegengewirkt, die durch andere Gründe als Gewissenskonflikte motiviert seien, so der Bundesrat.
Das letzte Wort dürfte aber noch nicht gesprochen sein. Der Schweizerische Zivildienstverband Civiva hat zusammen mit Organisationen, Parteien und Verbänden das Referendum lanciert. «Zivis leisten einen unerlässlichen Einsatz in Spitälern, in Heimen, in Schulen, beim Natur- und Umweltschutz und in der Landwirtschaft», schreibt das Komitee. Ihr Einsatz für das gesellschaftliche Zusammenleben werde dringend gebraucht.
Entlastung in Spital und Heim
Was sind die Folgen einer Reduktion für die Einsatzbetriebe? Im Spital Emmental leisten zwischen fünf und zehn Personen Zivildienst in den Bereichen Technik, Hauswirtschaft, Patiententransport, IT, Kita und Zentrallager, wie die Medienverantwortliche Kerstin Wälti sagt. «Sie sind eine grosse Entlastung und unterstützen uns im Alltag.» Gebe es weniger «Zivis», wirke sich dies direkt aus. Wälti nennt ein Beispiel: Müsste jeder einzelne Patiententransport wieder durch den Pflegedienst übernommen werden, würden diese Ressourcen im Kerngeschäft der Pflege fehlen. Dort sei das Personal aber bekanntlich knapp.
Ein Rückgang der «Zivis» hätte auch Einfluss auf die Kinder- und Jugendarbeit Region Konolfingen. Es sei in den letzten Jahren schwieriger geworden, Praktikanten zu finden, dank des Zivildienstes werde der Pool an Kandidaten grösser, erklärt der Leiter Remo Anderegg. Könne die Praktikums- beziehungsweise «Zivi»-Stelle nicht besetzt werden, seien in den Gemeinden weniger Angebote möglich.
Im Dahlia Oberfeld in Langnau werden Zivildienstleistende vorwiegend in der Betreuung und der Hauswirtschaft eingesetzt. «Sie gehen mit den Bewohnenden spazieren, spielen oder lesen vor», nennt Madlen Wüthrich, Leiterin Hauswirtschaft, Beispiele. Auch in der Küche, bei der Reinigung oder im technischen Dienst gehen sie zur Hand. Ebenso wichtig wie die Arbeitsleistung sei das Zwischenmenschliche, betont Wüthrich. «Die Bewohnenden schätzen es sehr, mit den jungen Männern zu plaudern. Sie bringen ein Stück weit die Aussenwelt ins Altersheim.»
Auch die Landwirtschaft profitiert
In der Landwirtschaft werden ebenfalls Zivildienstleistende eingesetzt. Im letzten Jahr haben schweizweit 877 Bauernbetriebe davon profitiert, 37 Prozent davon Alpbetriebe.
Seit 2020 unterstützt jeweils ein «Zivi» den Alpbetrieb Tannisboden in Flühli. Die Haupttätigkeit sei die Weidepflege, erklärt William Zahler. «Das ist eine wichtige Arbeit, für die wir nebst dem Talbetrieb nicht immer genug Zeit zur Verfügung haben.» Sollten sie keine «Zivis» mehr finden, müssten sie sich überlegen, mit dem Käsen aufzuhören, um genug Zeit für die Unkrautbekämpfung zu haben.