Neues System macht Rampen mit dem Rollstuhl überwindbar

Neues System macht Rampen mit dem Rollstuhl überwindbar
Manuel Geissbühler (links) und Kevin Maurer präsentieren ihr neu entwickeltes System für Menschen im Rollstuhl. / Bild: Remo Reist (rrz)
Langnau: Eine junge Firma entwickelt ein Liftsystem, das Rollstuhlfahrenden ermöglicht, Rampen eigenständig zu be­wältigen. Es gibt keine direkt vergleichbaren Konstruktionen.

«In der Schweiz sind 40'000 Menschen mit einem Rollstuhl unterwegs. Auch vermeintlich barrierefreie Bereiche stellen für sie oft Hindernisse dar», sagt Kevin Maurer, Mitgründer und CEO der Firma Wheel-Up. Die Projektidee ist 2022 entstanden, die Firma gibt es seit 2023. Dieses Jahr folgte der Umzug von Stettlen nach Langnau, wo an der Sägestrasse die Testanlage steht.


Nachrüsten ohne teure Umbauten

Das System basiert auf einem speziell entwickelten Schiebemechanismus. «Vergleichbare Konstruktionen sind aktuell nicht auf dem Markt und unser System bietet eine Alternative zu herkömmlichen Treppenliften oder Vertikalliften», erklärt Maurer. «Die Technologie kann relativ einfach nachgerüstet werden und benötigt nur eine Fahrbahn sowie einen Stromanschluss.» Das System wurde aus Aluminium und Chromstahl gefertigt, Rampen mit einer Neigung bis zu 20 Prozent können in unterschiedlichsten Längen erschlossen werden. Als mögliches Beispiel nennt er die recht steile und lange Rampe am Bahnhof Langnau, die beim Veloparking hochführt.


Pilotprojekt in Deisswil

Das sechsköpfige Gründerteam arbeitet nebenberuflich am Projekt. «Neben den Unterstützungsgeldern von Stiftungen und Wirtschaftsförderungen haben wir Geld aus unserem Privatvermögen investiert», sagt Maurer. Jeder Franken sei bis heute in die Entwicklung geflossen. «Ohne die Bereitschaft, kostenfrei für diese Lösung zu arbeiten, hätten wir nicht losgelegt», so der ausgebildete Techniker HF Ingenieurbau. Nach der Freigabe durch das Bundesamt für Verkehr würden sie das System als Pilotprojekt am Bahnhof Deisswil installieren, dies in Kooperation mit dem Regionalverkehr Bern - Solothurn RBS. Es werde Interessierten zum Testen zur Verfügung gestellt. Mathias Widmer, Leiter Bau- und Gesamtprojekte RBS, sieht Potenzial, um die Erreichbarkeit von Infrastrukturen, die nur über Rampen erschlossen sind, zu verbessern.


Bedienung mit Eurokey und Joystick

Mitgründer Manuel Geissbühler, der über einen Bachelor in Elektrotechnik verfügt, erklärt, wie das System funktioniert. «Die Bedienung ist denkbar einfach. Gestartet wird mit dem Eurokey, einem weit verbreiteten Schlüssel für Menschen mit Behinderungen. Anschliessend kann das System mit einem Steuerknüppel, einem Joystick, bedient werden.» Der Rest passiere automatisch; der Mitnahmehebel werde ausgefahren und die Person ans Ziel befördert. Das Tempo könne individuell angepasst werden und ein Sensor erkenne, ob etwas im Weg stehe. Das System könne als Ergänzung oder Verbesserung bestehender sowie neuer Infrastrukturen eingesetzt werden, etwa an Bahnhöfen, in städtische Einrichtungen oder öffentliche Anlagen, sagt Kevin Maurer. «In der Entwicklungsphase testeten Rollstuhlfahrende das System intensiv und lieferten Verbesserungsvorschläge.» Mit der Anlage würden auch Begleitpersonen, die den Rollstuhl nur mit Mühe eine Rampe hochschieben können, entlastet. «Wir bieten ohne teure Umbaumassnahmen ein nützliches Hilfsmittel, möchten der Gesellschaft einen Mehrwert bieten und ein echtes Problem lösen», fasst Maurer zusammen. Ihr System verspreche Freiheit, Zugänglichkeit, Sicherheit und Unabhängigkeit. Das seien Werte, die das Team antreibe, eine inklusivere Gesellschaft zu gestalten.

02.10.2025 :: Remo Reist (rrz)