Auch junge Leute begeistern sich für das Alphorn. / Bild: Bettina Haldemann-Bürgi (bhl)
Eggiwil: Seit hundert Jahren werden auf dem Knubel bereits Alphörner gefertigt. Deshalb luden der Alphornmacher Walter Bachmann und seine Familie zu einem Jubiläumsfest ein.
Der Knubel ist ein Hochplateau oberhalb Eggiwil, von dem man eine wunderbare Rundsicht auf Wälder, Weiden, Einzelhöfe und Berge hat. Hier befinden sich ein paar Bauernbetriebe, darunter derjenige der Familie Bachmann. In einem Nebengebäude ist die Alphornmacherei untergebracht.
Das erste Horn für zwei Franken
«Als mein Grossvater 1925 an einem Jodlerfest das Instrument zum ersten Mal hörte, war er so fasziniert, dass
er beschloss, selber ein Alphorn zu bauen», beginnt Walter Bachmann zu erzählen. «In unserem Wald hinter dem Haus gegen Eggiwil hinunter fand er an einem steilen Abhang eine Tanne, die unten am Stamm eine Krümmung aufwies. Er fällte den Baum und schnitzte daraus ein Horn, das er für zwei Franken seinem Nachbarn verkaufte. Motiviert begann er sogleich ein zweites Instrument zu bauen, für das er wieder einen Käufer fand, der ihm 50 Franken gab. Die Sache schien sich auszuzahlen, und das Alphornmachen wurde neben dem Schnitzen von Skiern und Melkstühlen zu einem wichtigen Nebenerwerb meines Grossättis», berichtet Walter Bachmann, der seit 2008 den Betrieb in dritter Generation führt. Der Alphornmacher ist auch ein guter Bläser und leitet selber Musikvereine.
Erstes Alphornwettblasen
Für das Jubiläumsfest «100 Jahre Alphornmacherei Bachmann» haben er und seine Familie auf dem Knubel
ein grosses Festgelände aufgebaut, mit Festhütte, Zelten und einer Festwirtschaft unter freiem Himmel. Hier versammelt sich das Publikum am Sonntagvormittag, um dem Alphornwettblasen zuzuhören. Dem Wetter sei Dank können die Solisten im Freien aufspielen. In einem geschlossenen Zelt ohne Sichtkontakt bewertet eine zweiköpfige Jury die Vorträ-ge. Am Ende des Wettblasens warten eine Rangliste und ein reicher Gabentempel auf die Spielenden. «Damit betreten wir Neuland», sagt Fritz Frautschi, der das Wettblasen kontrolliert, «normalerweise werden die Alphornbläser wie die Jodler in Qualitätsklassen eingeteilt. Deshalb bin ich positiv überrascht, wie viele Teilnehmende sich angemeldet haben.»
20 Solistinnen und Solisten
Die Alphornbläser treten in verschiedenen Formationen auf. Zuerst kommen die rund 20 Bläserinnen und Bläser an die Reihe, die alleine auftreten. Mehr oder weniger selbstbewusst betreten sie die Wiese, die als Naturbühne dient, warten auf das Startzeichen und beginnen zu blasen. Auch zwei Frauen treten solistisch auf, darunter eine junge. In der Wahl der Stücke sind die Auftretenden frei. Das Publikum hört aufmerksam zu, nickt anerkennend, wenn eine Phrase besonders schön gelingt, und applaudiert am Schluss.
Pausen sind wichtig
Beim Alphornspielen müsse man sich viel Zeit nehmen, die Pausen seien wichtig, erklärt ein älterer Alphornspieler. Er trägt eine schwarze Schirmmütze mit der Aufschrift «Alphorntrio Wahlern» und hat seinen Solo-Auftritt bereits hinter sich. Das Wettblasen brauche Mut, es motiviere, dran zu bleiben, und erhalte jung, fügt er augenzwinkernd bei. Ein Mädchen und ein Junge aus Frutigen, beide herausgeputzt, posieren fürs Foto. Sie werden am Nachmittag als Duo auftreten.
Hundert Alphorne vereint
Viele Alphornbläser sind bereits am Samstag angereist. Sie schwärmen von den Darbietungen am Abend im Festzelt, von der Alpabfahrt und der Uraufführung «100 Jahre Alphornmacherei». Bei letzterer hätten hundert Alphornbläserinnen und -bläser mitgemacht. Dreistimmig habe man die Komposition von Walter Bachmann vorgetragen, ein Gänsehaut-Moment. Zum Schluss wollen wir von Walter Bachmann wissen, was er am Alphorn schätze. «Das Alphorn ist ein Holzrohr. Durch die Vibration der Lippen erzeugt man Töne, die weit hörbar sind», antwortet der Alphornmacher. Töne, die Friede und Einfachheit verkünden, denken wir mit Blick auf die Landschaft zu unseren Füssen.