Solarstrom und Himbeeren - das passt

Solarstrom und Himbeeren - das passt
Himbeerkulturen unter einer Agri-Photovoltaikanlage bei Agroscope in Conthey (VS). / Bild: zvg
Grosshöchstetten: Himbeeren und grüner Strom statt Äpfel. Der Obstbauer Reto Schürch aus Grosshöchstetten diversifiziert. Er setzt vermehrt auf Beeren und produziert dabei Solarstrom.

Reto Schürch will seinen Emmentaler Bergobst-Betrieb in Grosshöchstetten sukzessive neu ausrichten. Wo bisher Apfelbäume blühten, sollen künftig im grossen Stil Himbeeren kultiviert werden. «Weil unsere Bäume früher blühen als an anderen Standorten», erklärt Schürch diese Betriebsumstellung, «haben wir in den letzten Jah-ren wegen zahlreicher Blütenfröste ganze Ernten verloren. Darum die Neuausrichtung.» Speziell sei nun, dass der klassische Witterungsschutz bei Apfelkulturen ersetzt werde durch eine Agri-Photovoltaikanlage zur Stromproduktion. Für Schürch ein optimales Zusammenspiel.


Beeren und Megawattstunden

Tobias Beeler, verantwortlicher Projektleiter der Firma Insolight AG aus Lausanne, erläutert: «Die Agri-PV-Anlage bietet signifikante agronomische Vorteile und ein durchdachtes Wassermanagement.» Der Wasserverbrauch der Himbeeren könne mit der Anlage um 30 bis 50 Prozent reduziert werden. Die Pflanzen seien besser auf Dürreperioden vorbereitet und weniger anfällig für Pilzerkrankungen. Damit könne gleichzeitig der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 40 Prozent gesenkt werden. Schürch und Beeler rechnen damit, auf dem rund eine Hektare grossen Grundstück jährlich 18 Tonnen Beeren ernten zu können. Gleichzeitig sollen mit den gut 1200 verbauten PV-Modulen 820 Megawattstunden Strom pro Jahr produziert werden.


Bodenunabhängige Produktion

Beim Bau, führt Beeler weiter aus, würden keine Betonfundamente, sondern Stahlprofile verwendet. Auf den drei Meter hohen Stahlpfosten würden die Panels montiert. Der Freiraum dazwischen biete die Möglichkeit, die Kulturen mit Netzen oder Folien zu schützen. «Das Ganze ist eine kostspielige Angelegenheit, denn die Pflanzen - sie wachsen in Töpfen - werden jährlich ersetzt», führt Tobias Beeler aus. «Dank der Lage in einer Intensivlandwirtschaftszone ist aber eine bodenunabhängige Pro­duktion möglich.» Sie hätten bereits mehrere Jahre Erfahrung mit der Himbeerproduktion unter solchen Bedingungen. Die Wirtschaftlichkeit dieser Methode habe sich in der Praxis bewiesen. Bei der Umgebungsgestaltung sei vorgesehen, eine Reihe der bestehenden Apfelbäume zu belassen, ergänzt Landwirt Reto Schürch. Damit werde die Sichtbarkeit der Anlage minimiert.


Strom nicht für den Eigengebrauch

Auf den ersten Blick mag erstaunen, dass der Strom nicht für den Eigengebrauch genutzt wird. Beeler erklärt: «Aktuell ist die Förderstruktur so angelegt, dass es für den Betrieb attraktiver ist, den grün produzierten Strom ins Netz einzuspeisen, als selbst zu nutzen.» Denn die Pronovo - die Vollzugsstelle für Förderprogramme - fördere mit Auktionen wirtschaftliche Einspeiseanlagen ohne Eigengebrauch mit Einmalvergütungen. Zudem würde der mögliche Eigengebrauch anteilsmässig kaum ins Gewicht fallen. Aber selbstverständlich werde die Energie für die Kultivierung der Himbeeren von der neuen PV-Anlage bezogen, so Schürch. «Mit dieser innovativen Agri-PV-Anlage sehe ich mich als Trendsetter im Emmental und hoffe, viele Nachahmer zu finden», ergänzt Schürch. Das gehe jedoch nicht ohne eine gehörige Portion Mut, Risikobereitschaft und einem Ziel vor Augen. Und selbstverständlich müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen. Die positiven Reaktionen der Gemeinde stimmten ihn zuversichtlich. Sobald die Bewilligung des Kantons vorliegt und allfällige Einsprachen bereinigt sind, könne mit den Arbeiten gestartet werden. «Läuft alles nach Plan, kann ich im Sommer 2027 die erste Himbeerernte einfahren», freut sich Schürch.

02.10.2025 :: Daniel Schweizer (sdl)