Der zwölf Tonnen schwere Minenräumer pflügt ferngesteuert den Boden und bringt dabei Minen zur Explosion. / Bild: Remo Reist (rrz)
Heimisbach: Die Schule Trachselwald-Heimisbach führt die Aktion «Minenräumer für die Ukraine» durch. Noch bis Samstag ist ein solches Gerät ausgestellt.
Experten schätzen, dass in der Ukraine mehr als 160'000 Quadratkilometer vermint sind - das entspricht der vierfachen Fläche der Schweiz. «Zwei Millionen Zivilisten leben dort in Gebieten, die mit Blindgängern und Antipersonenminen verseucht sind», sagt Martin Hunziker. Er ist im Trachselwalder Gemeinderat fürs Ressort Bildung zuständig und hat bereits zwei humanitäre Projekte in der Ukraine begleitet. Mit dem diesjährigen Schulprojekt «Minenräumer für die Ukraine» wolle man aktiv auf die Herausforderungen durch Kriegsnachrichten reagieren und gemeinsam positive Veränderungen bewirken, sagt er und ergänzt: «Wir wählen den konstruktiven Weg gegen die Ohnmacht.»
Bedrohung für Europas Kornkammer
Was Hunziker nachdenklich stimmt: «Die Landminen befinden sich vor allem auf riesigen landwirtschaftlich genutzten Flächen, die zur wichtigen Kornkammer Europas gehören. Kann dort kein Brotgetreide angebaut werden, führt dies zu ernsthaften Engpässen auch in der Versorgung Afrikas.» Durch solche Engpässe seien auch in der Schweiz mehr Flüchtlinge zu erwarten, auch unser Land sei zudem auf Getreideimporte angewiesen. Dazu komme das grosse Leid unter der Zivilbevölkerung in jenen bewohnten Gebieten, wo es schon viele Opfer gab.
Wie ein gepanzerter Bulldozer
Frédéric Guerne ist Gründer und Geschäftsführer der Stiftung Digger aus Tavannes, welche die Minenräumer entwickelt hat und sie in der Schweiz produziert. Es gebe keine universelle Lösung für die verminten Gebiete, erklärt er auf Anfrage. Landwirtschaftliche Flächen, Dörfer, Strassen oder kritische Infrastrukturen erforderten massgeschneiderte Ansätze. «Das Funktionsprinzip lässt sich jedoch relativ simpel erklären: Das zwölf Tonnen schwere Raupenfahrzeug pflügt ferngesteuert den Boden um und bringt dabei Minen zur Explosion. Der Bediener ist aus bis zu 500 Meter Entfernung vor Gefahr geschützt.» Je nach Gelände könne der Digger D-250 zwischen 300 und 1800 Quadratmeter pro Stunde bearbeiten - deutlich mehr, als ein Minenräumer von Hand schaffe. Das anlässlich des Treichler- und Viehzucht-Events in Heimisbach ausgestellte Modell war fünf Jahre lang ausschliesslich in Kambodscha im Einsatz. «In 17 Ländern räumten rund 20 solche Fahrzeuge Millionen von Quadratmetern. Dabei wurde in 27 Jahren kein einziger Unfall verzeichnet», betont Guerne.
Seit 1996 mit dem Thema beschäftigt
Doch wie kommt ein Schweizer auf die Idee, einen Minenräumer zu entwickeln? Frédéric Guerne leitete 1996 als Ingenieur ein Forschungsprojekt zum Aufspüren von Antipersonenminen. Tests in Kroatien und Kambodscha hätten ihm die Augen für das Ausmass der humanitären Katastrophe geöffnet. «Meine Begegnung mit dem Mitgründer einer Minenräumorganisation änderte den Lauf meiner Forschung», erzählt er. Statt Minensuchgeräten benötigten die Minenräumenden eine Maschine, die Felder roden und das Gelände vorbereiten kann. 1998 gründete Frédéric Guerne mit Freiwilligen den Verein «Digger DTR». Seither entwickelt die mittlerweile als gemeinnützige Stiftung organisierte «Digger» Entminungsgeräte für mehr als ein Dutzend Länder. Der nun in Heimisbach ausgestellte Minenräumer wird anschliessend nach Angola verkauft. Der Erlös fliesst ebenfalls in das humanitäre Schulprojekt.
Kleine Beiträge, grosse Wirkung
Die Kosten für einen Minenräumer inklusive Ersatzmaterial, Transport und Instruktion betragen rund eine Million Franken. «Wir erwarten nicht immense Spendensummen», relativiert Hunziker. Bis heute seien rund 10'000 Franken zusammengekommen, zum Teil durch namhafte Beträge von Privatpersonen aus der Region Trachselwald. Man trage mit der Spende dazu bei, dass Minenopfer verhindert werden könnten und dass der Anbau von Lebensmitteln in landwirtschaftlichen Gebieten wieder ermöglicht werde. «Und wir fördern ein konstruktives Miteinander in der Gemeinde Trachselwald und erleben, dass gemeinsames Handeln eine grosse Wirkung haben kann», sagt Martin Hunziker.