Der Singkreis Zäziwil während der Proben für Händels Grosswerk «Messias». Nachwuchs wird dringend gesucht.
Zäziwil: Der Singkreis Zäziwil führt unter der Leitung von Mona Spägele Händels «Messias» auf. Der Chor hofft, mit dem musikalischen Highlight neue Stimmen zu gewinnen.
Händels «Messias» ist voll von packenden Chören und Arien, darunter das berühmte «Halleluja», bei dem an vielen Orten der Welt das Publikum aufsteht. Händels Meisterwerk gelangt diesen November in der Kirche Grosshöchstetten zur Aufführung, aufgeführt vom Singkreis Zäziwil. Ein Grund zur Freude also? Nicht nur, denn das Projekt wäre mangels Sängerinnen und Sängern beinahe gescheitert.
Mitgliederschwund und seine Folgen
Der Singkreis Zäziwil, 1967 im Zusammenhang mit der neuen Kirche gegründet, genoss in seiner Blütezeit überregionale Bedeutung. Doch in den letzten Jahren leidet er wie viele andere Chöre an Mitgliederschwund. Die Präsidentin Gabriele Galli, die seit 2017 im Singkreis mitsingt, bringt es humorvoll auf den Punkt: «In den letzten zehn Jahren ist ausser mir niemand dem Verein beigetreten, und mit 62 Jahren gehöre ich zu den Jüngsten.»
Um den sinkenden Mitgliederzahlen entgegenzuwirken, beschloss der Chor, dieses Jahr Händels «Messias» aufzuführen. Die Verantwortlichen glaubten, mit dem attraktiven Werk genügend Projektsängerinnen und -sänger mobilisieren zu können, von denen dann vielleicht ein Teil bleiben würde. Voller Freude schalteten sie Inserate, die zum Mitsingen aufriefen, voller Begeisterung schrieben sie Dutzende von Sängerinnen und Sängern persönlich an, um sie zum Mitsingen zu ermuntern. Doch das Echo war mager, es meldete sich fast niemand an. Das Konzert stand auf der Kippe, hätte nicht Poesia vocale, ein halbprofessionelles Ensemble aus Bern, in letzter Minute zugesagt.
Beunruhigende Tendenz
Mona Spägele, die Dirigentin, weiss, dass das offenbar gewordene Desinteresse kein spezifisches Problem ist, sondern eine allgemeine Tendenz. «Wenn solche Projekte nicht mehr möglich sind, geht ein Teil unserer Kultur verloren», bedauert sie. Das gemeinsame Erarbeiten und Aufführen von Meisterwerken stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die heute beliebten Projektchöre, bei denen man sich nach den Konzerten wieder aus den Augen verliere, würden diesen gesellschaftlichen Aspekt nicht mehr erfüllen. Gefragt nach den Gründen für den Rückgang nennt die Dirigentin viele, darunter die Konkurrenz anderer Musikrichtungen. «Im Musikunterricht gerät die klassische Musik zugunsten von Rock und Pop immer mehr ins Hintertreffen», kritisiert die Musikerin.
Aufrüttelnder Hilferuf
Um die Öffentlichkeit auf die beunruhigende Entwicklung aufmerksam zu machen, hat Mona Spägele in der Augustausgabe der Kirchenzeitung «Reformiert» einen aufrüttelnden Text publiziert. Darin beschreibt sie den Mitgliederschwund der letzten zehn Jahre und die Schwierigkeit, genügend Leute für Händels «Messias» zusammenzutrommeln. Der negativen Seite stellt sie eine positive gegenüber. Der Chor habe Potenzial. Sie lobt die guten Stimmen, die Freude und das Engagement der Mitglieder. Am Ende gibt die Dirigentin ihrer Hoffnung Ausdruck, dass Händels grossartige Musik doch noch beim einen oder der anderen die Freude am Singen wecken würde, und schliesst mit dem Satz: «Noch machen wir weiter, und unsere Türe ist weit offen!»
Vorfreude auf das grosse Konzert
An der ersten Probe nach den Sommerferien beherrschen die rund dreissig Sängerinnen und Sänger bereits viele Stellen des Werks. Man spürt, dass beide, Chor und Dirigentin, mit Begeisterung bei der Sache sind. Verstärkt durch Poesia vocale und begleitet vom Grenzklang-Barockensemble und vier Gesangssolisten darf sich der Singkreis Zäziwil auf ein Chorerlebnis freuen, das hoffentlich nicht das letzte sein wird.