Projekt zeigt: «Die Schule entwickelt sich»

Projekt zeigt: «Die Schule entwickelt sich»
Der sogenannte Marktplatz dient unter anderem als Rückzugsmöglichkeit oder für Gruppenarbeiten. / Bild: Eleni Reist
Zollbrück: Die Gemeinden Rüderswil und Lauperswil haben ihr Oberstufenzentrum eingeweiht. Raum und Unterricht passten ideal zusammen, sagte die kantonale Bildungsdirektorin.

Als erstes Schulhaus im Kanton Bern ist das neue Oberstufenzentrum Zollbrück vollständig für neue Lehr- und Lernformen konzipiert worden. Seit diesem Schuljahr wird auf selbstorganisiertes Lernen gesetzt. 140 Jugendliche und 20 Lehrpersonen gehen hier ein und aus.

«Es gibt kaum eine schönere Aufgabe für mich, als heute hier zu sein», sagte Regierungsrätin Christine Häsler, Direktorin für Bildung und Kultur des Kantons Bern, an der Eröffnungsfeier. Für guten Unterricht müssten Infrastruktur und Unterrichtskonzept zusammenpassen – was hier ideal gelungen sei. Die Bildungsdirektorin zeigte sich generell erfreut über die Investitionsbereitschaft der Gemeinden: «Im Kanton Bern haben in den letzten Jahren etliche Gemeinden viel Geld in die Bildung investiert.» Das sei nicht selbstverständlich, denn man müsse den unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht werden.


Lehrpersonen als Lernbegleiter

Auch Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbandes Lehrpersonen Schweiz, war vor Ort. «Dieses Projekt ist der Beweis dafür, dass sich die Schule entwickelt», betonte sie. Als zentrale Punkte hob sie die Selbstorganisation, Integration und die Bedeutung multiprofessioneller Teams hervor. In Zollbrück sei ein Leuchtturm entstanden, der auch architektonisch überzeuge. Das Unterrichtskonzept setze dabei auf Eigenverantwortung.

Gesamtschulleiter Daniel Gebauer erklärte das Konzept: «In 90-Minuten-Modulen werden Real- und Sekundarschüler in gemischten Klassen mit einem durchlässigen Modell unterrichtet.» Die Lehrpersonen würden dabei zu Lernbegleitern, während die Jugendlichen die Verantwortung für ihren Lernprozess übernähmen. «Sie setzen sich selbst Ziele, entwickeln Strategien und überwachen ihre Fortschritte eigenständig.» Der Start sei geglückt, was eine Schülerin und ein Schüler aus der 9. Klasse vor den geladenen Gästen bestätigten.


Zusammenarbeit gestärkt

Susanne Aeschlimann, Präsidentin der Schulkommission des Gemeindeverbands Schule Zollbrück, betonte, dass die bauliche Umsetzung das pädagogische Konzept optimal unterstütze. «Mit 300 Quadratmeter grossen Lernlandschaften, persönlichen Arbeitsplätzen und Impulsräumen setzen wir auf zeitgemässe Lehr- und Lernformen.» Und der Lauperswiler Gemeindepräsident Christian Baumann lobte: «Mit Stolz dürfen wir sagen, dass die Jungen bei uns zukunftsträchtig lernen. In diesem Lernumfeld sollen sie gefördert, gefordert und ernst genommen werden.»

Der Rüderswiler Grossrat Jürg Roth-enbühler ging auf die Zusammenarbeit der beiden Gemeinden ein. Diese werde gestärkt, frühere Gemeindegrenzen spielten keine Rolle mehr. Die Architektur des Gebäudes mit viel Tageslicht und Holz aus den beiden Gemeinden passe zur Bodenständigkeit der Region. «Wenn man dieses schöne und zweckmässige Schulhaus betritt, dann geht der intensive Weg beinahe vergessen, den wir gegangen sind», sagte er. Barbara Grosjean, die als ehemalige Lauperswiler Gemeinderätin die Arbeitsgruppe Reorganisation Schulstrukturen leitete, blickt im späteren Gespräch mit Genugtuung zurück: «Wir wollten eine zeitgemässe Lösung über alle drei Zyklen erreichen.» Der Frontalunterricht werde zugunsten verschiedener Lernformen auf das Notwendige reduziert – dafür habe man flexible Raumstrukturen benötigt. Heute sei sie einfach glücklich und dankbar.


Weitere Bilder: https://www.wochen-zeitung.ch/Bildergalerie/g/id/297

«Respektvoller Umgang mit Vielfalt»

Daniel Gebauer, Schulleiter am OSZ Zollbrück und Mitglied der Geschäftsleitung beim Dachverband Lehrpersonen Schweiz sowie beim Berufsverband Bildung Bern, setzt auf eine klare Führungsphilosophie: «Eine gute Schulatmosphäre schützt vor Konflikten und Mobbing.» Für ihn beginne Schulkultur im Kleinen – beim Grüssen – und durchziehe den gesamten Schulbetrieb. Bei Konflikten setzt der Schulleiter auf deeskalierende Kommunikation: mündlich statt schriftlich, Ich-Botschaften und Perspektivenwechsel. «Solange die Emotionen hochgehen, sollte der Konflikt ruhen.» Für Gebauer ist wichtig, dass Schülerinnen und Schüler Diskussionstechniken erlernen und den respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Meinungen üben. Nicht nur Mehrheitsentscheidungen seien wichtig, sondern auch der Schutz von Minderheitenrechten und der respektvolle Umgang mit Vielfalt.

11.09.2025 :: Remo Reist (rrz)