Kanton Bern: Die Gesundheits- und Sozialkommission unterstützt die Stärkung der Fachstelle Sozialrevisorat, damit die Sozialhilfe kantonsweit einheitlich umgesetzt werden kann.
Die Gesundheits- und Sozialkommission des Grossen Rates (GSoK) hat sich mit dem Sozialhilfegesetz auseinandergesetzt. Die Totalrevision des Gesetzes war nötig geworden, weil es nach diversen grösseren Änderungen unübersichtlich geworden war und einige Neuerungen umgesetzt werden sollen. Sowohl das neue Fallführungssystem als auch die zusätzlichen Kompetenzen der Fachstelle Sozialrevisorat gegenüber den Sozialdiensten der Gemeinden stossen in der Kommission auf Zustimmung, wie in einer Mitteilung der Kommission zu lesen ist. Ebenso begrüsst sie, dass künftig auf eine Rückerstattung der wirtschaftlichen Sozialhilfe verzichtet werden soll, wenn Betroffene ihre finanzielle Situation aufgrund höheren Einkommens verbessern konnten. «Aus Sicht der Kommission ist es richtig, den heute bestehenden Fehlanreiz zu beseitigen.»
Bussen für Sozialdienste
Nach Ansicht der Kommission sollen Gemeinden, deren Sozialdienste die Sozialhilfegesetzgebung mangelhaft umsetzen, künftig mit einer Busse von bis zu 100'000 Franken belegt werden können. Die vom Regierungsrat vorgeschlagene Busse von maximal 20'000 Franken ist aus Sicht der Kommission zu gering, um disziplinierend zu wirken. Weil Sozialhilfe mehr ist als finanzielle Unterstützung, möchte die GSoK zudem die Bedeutung der persönlichen Hilfe im Gesetz stärker verankern. Der Regierungsrat soll daher dazu verpflichtet werden, einen Katalog an Leistungen zu erlassen, welche die Gemeinden im Rahmen der persönlichen Hilfe mindestens erbringen müssen.
Vermögensverzicht nicht geregelt
Wer vor dem Eintritt in ein Alters- oder Pflegeheim seine Wohnung seinen Nachkommen günstig verkauft und in der Folge sozialhilfebedürftig wird, soll bei der Bemessung der Höhe der Sozialhilfe nicht für den Vermögensverzicht bestraft werden. Die Kommission schlägt vor, die entsprechende Bestimmung zu streichen. Sie möchte damit verhindern, dass Menschen am Lebensende in finanziell prekäre Verhältnisse geraten. Die GSoK erachtet die bestehende Verwandtenunterstützungspflicht und die Rückzahlungspflicht bei grobem Selbstverschulden als ausreichend.
Die Kommission beantragt zudem, dass beim Tod einer Person, die Sozialhilfe bezogen hat, die überlebenden (Ehe-)Partner sowie Kinder in Ausbildung nicht dazu verpflichtet werden, die Sozialhilfe aus Leistungen von allfälligen Lebensversicherungen oder der Säule 3a zurückzuerstatten.
Selbstbehaltsmodell in der Kritik
Das vom Regierungsrat entwickelte Selbstbehaltsmodell wurde in der Kommission kontrovers diskutiert. Das Modell sieht vor, dass die Gemeinden - trotz des grundsätzlich solidarischen Kostenteilers – einen Teil ihrer Sozialhilfekosten selbst tragen. Dieser Selbstbehalt soll an die Gesamtheit der Gemeinden rückerstattet werden, wobei die individuellen Soziallasten der Gemeinden berücksichtigt werden sollen. Letztlich hat die Kommission sich aber knapp dafür ausgesprochen. Gegner des Selbstbehalts argumentieren, dass das Modell die Soziallasten der Gemeinden nicht korrekt abbilde und Fehlanreize zu Ungunsten der Sozialhilfebeziehenden setze. Darüber hinaus wünscht sich die Minderheit strengere Regeln für die Sozialinspektion sowie eine stärkere gesetzliche Verankerung von Angeboten zur Beratung und Prävention. Der Grosse Rat wird die Totalrevision des Sozialhilfegesetzes in der Herbstsession beraten.