Der Welten-bummler Kilian Schneider trifft in der Atacamawüste in Chile auf wilde Esel. / Bild: zvg
Hasle: Nach insgesamt 65’261 Kilometern im Velosattel ist Kilian Schneider nun zu Hause in Hasle angekommen. Er will wieder in seinen Beruf als Sozialpädagoge einsteigen, vielleicht einen Garten pflegen, sich ein Zuhause einrichten. So lange, bis ihn erneut das Reisefieber packt.
Während dreieinhalb Jahren war Kilian Schneider in mehreren Etappen mit dem Velo oder zu Fuss unterwegs. Der
Sozialpädagoge und Landschaftsgärtner ist in Biembach auf dem Bauernhof seiner Eltern aufgewachsen, wo er seine
Basis als Ausdauersportler gelegt hat: «Ich hatte einen sehr langen Schulweg», sagt der 37-Jährige lachend und
berichtet von seiner ersten Reiseerfahrung. «2009 war ich einen Monat lang mit zwei Pferden unterwegs. Auf einem bin
ich geritten, das andere hat das Gepäck getragen.» Er habe dabei festgestellt, dass ein Pferd kein «optimales
Verkehrsmittel» sei, und habe aufs Velo umgesattelt.
Süden statt Norden
Am 7. Februar 2022 brach Kilian Schneider zu seiner ersten langen Reise auf. Für sein Ziel Nordkap war es noch zu
winterlich, so radelte er zum südlichsten Punkt in Spanien, weiter zum westlichsten Punkt in Portugal und wieder
zurück nach Hause, insgesamt 6´845 Kilometer. Ende April war er zurück. Einen Monat blieb er zu Hause für den
Veloservice, um Leute zu besuchen und um «Ferien von den Ferien zu machen.»
Leisten kann er sich die ausgedehnten Reisen dank seiner Ersparnisse. «Ich habe sehr viel gearbeitet und sparsam
gelebt, zeitweise in einem Wohnwagen», sagt er. Bescheiden lebt er auch unterwegs, kocht selber und schläft meist im
Zelt.
Norden statt Süden
Anschliessend, als es im Norden wärmer wurde, fuhr Kilian Schneider in Richtung Nordkap. «Die nordische Weite gefällt
mir sehr, vor allem die Mitternachtssonne, die über Nacht meine Wäsche trocknete.» Am Nordkap angekommen sehnte er
sich jedoch nach Wärme und plante weiter nach Griechenland zu fahren. Er pedalte über Finnland, Estland, Polen und
nach einer Pause am Schwarzen Meer schliesslich nach Griechenland. Gegen den Herbst fuhr er der Adria entlang wieder
nach Hause. Als es winterlich kalt wurde, setzte sich Schneider in einen Flieger und reiste nach Neuseeland, ohne
Velo. Während dreier Monate wanderte er 1´500 Kilometer und 38´000 Höhenmeter. Wieder daheim brach er bald einmal
auf zwei Rädern zur nächsten Europareise auf, diesmal Richtung Nordwesten, durch England, Irland und Schottland,
dann wieder zurück an die Ostküste von England, wo er in eine Fähre nach Holland stieg, nach Dänemark radelte und
von dort nach Island reiste. «Diese Insel durchquerte ich sechs Wochen lang, flog zurück nach Dänemark und mit dem
Velo retour durch Deutschland und Tschechien.» Zu diesem Zeitpunkt war er insgesamt schon zwei Jahre auf Reisen.
Von Patagonien nach Alaska
Ende Dezember 2023 brach Schneider wieder auf, mit dem Velo im Gepäck. Sein Ziel war Ushuaia im patagonischen
Argentinien. Von dort radelte er nordwärts durch ganz Südamerika, die USA, nach Kanada und zuletzt nach Alaska.
«Danach spürte ich, dass ich wieder ein Zuhause brauche», sagt der Veloweitreisende, der seit Ende Juli wieder in der
Schweiz ist. Er will die vielen Reiseeindrücke verarbeiten, wieder in den Beruf als Sozialpädagoge einsteigen, eine
Wohnung beziehen und vielleicht einen eigenen Garten pflegen.
Und doch möchte er all die vielen kleinen und grösseren Reiseabenteuer nicht missen; das Baden in heissen Quellen auf
Island, die bunten Polarlichter, die er nachts vom Zelt aus bewundern konnte, und die Momente, in denen er in Kanada
die Strasse mit Bären und Elchen teilte. Die Menschen seien immer freundlich und hilfsbereit gewesen. Und alleine
unterwegs zu sein entspreche ihm. «Ich fahre gern mein eigenes Tempo und bin froh, mich ausschliesslich auf mich
selber konzentrieren zu können, beispielsweise um ein Problem zu bewältigen.» Etwa, wenn er eine Velopanne hatte.
Nebst den üblichen platten Reifen und einem gerissenen Bremskabel sei aber nur einmal etwas Gröberes passiert. In
Mexiko ging ein Tretlager kaputt. «Aber ich hatte auch da Glück im Unglück, weil es in der Nähe eines Veloladens
passiert ist», lacht er.
Wälzt der Langzeitreisende schon wieder Reisepläne? Ja, er träumt von der Mongolei und den sogenannten Stan-Ländern
Usbekistan, Turkmenistan, Kirgistan, Tadschikistan und Kasachstan. Aber jetzt will Kilian Schneider arbeiten, fünf,
zehn Jahre lang, bis das Reisefieber wieder drängt, und er sich in den Velosattel setzt.