Wer schwingt in Mollis obenaus?

Wer schwingt in Mollis obenaus?
Zwei einstige Schwinger, die beide erfolgreich an Eidgenössischen teilnahmen: Der Emmentaler Thomas Zaugg und Erich Fankhauser aus dem Entlebuch (rechts).
Schwingen: Wie werden sich die Emmentaler und Entlebucher am Eidgenössischen schlagen? Zwei ehemalige Schwinger haben die Kader studiert.

Noch neun Tage bis zum Höhepunkt der Saison: dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF), das in Mollis im Kanton Glarus stattfindet. Mit dabei sind 21 Athleten der Emmentaler Schwingklubs sowie 12 des Entlebucher Schwingerverbands. Um zu erfahren, auf was es beim ESAF ankommt, hat sich die «Wochen-Zeitung» mit zwei ehemaligen Grössen getroffen: der Schangnauer Thomas Zaugg und Erich Fankhauser aus Hasle (LU). Zaugg hat an sechs ESAF-Teilnahmen viermal den Kranz herausgeschwungen. Fankhauser stand ebenfalls sechsmal aktiv an einem Eidgenössischen im Einsatz und holte sich 2013 in Burgdorf den Kranz.


Ihr Verhältnis zu Aktivzeiten:

Thomas Zaugg und Erich Fankhauser trafen mehrmals aufeinander, jedoch nie an einem Kranzfest. Obwohl sie aus unterschiedlichen Teilverbänden kommen, seien sie immer gut miteinander ausgekommen. Nun treffen sie sich gelegentlich an Schwingfesten oder an Matches der SCL Tigers.


Ihre Verbundenheit mit dem Schwingsport seit dem Rücktritt:

Zaugg hat 2016 als Aktiver aufgehört. Nun ist er Jungschwingerleiter des Schwingklubs Siehen und OK-Präsident des Kemmeribodenschwinget, hat zudem einen Sohn, der leidenschaftlich schwingt. Die Feste der Aktiven verfolgt er immer, aus Zeitgründen aber nicht oft auf dem Schwingplatz. Fankhauser hat erst vor einem Jahr die Schwinghosen an den Nagel gehängt. Auch er verfolgt die Feste, nicht zuletzt wegen seinen Brüdern Reto und Marco, die beide im ISV-Aufgebot stehen. Ämtli hat er noch keines, da er nach 27 Jahren Schwingen zuerst etwas mehr Zeit mit seiner Familie geniessen will.


Der gemeinsame Festsieg 2015:

Anlässlich des Bergschwinget Sörenberg 2015 waren die beiden nach fünf Gängen gleichauf im zweiten Rang. Zaugg wurde ausgewählt, er durfte den Schlussgang gegen Joel Wicki bestreiten, gegen den er im ersten Gang verloren hatte. «Ich verliere nicht zweimal am gleichen Tag gegen ihn», sagte sich Zaugg, siegte und klassierte sich im Rang 1a. Dank eines Plattwurfs im sechsten Gang belegte Fankhauser schliesslich Rang 1b.


Die schönsten Erfahrungen an einem ESAF:

«Das Schönste ist sicher der erste Kranzgewinn», sind sich die beiden einig. Zaugg schaffte es 2004 in Luzern, bei Fankhauser war es 2013 in Burgdorf soweit. Am Fest selber ist ihnen der Einmarsch sowie das Singen der Nationalhymne als emotionalster Moment besonders in Erinnerung geblieben.


Was das Eidgenössische ausmacht:

Sportlich ist das Spezielle, dass es über zwei Tage geht, ist für Fankhauser und Zaugg klar. Man hat mehr Möglichkeiten, einen Fehlstart aufzuholen. Zudem sei es extrem, wie nahe Freud und Leid oft beisammen sind, wenn es im achten Gang um den Kranzgewinn geht. Zaugg weiss es aus eigener Erfahrung. Er erinnert sich an den letzten Gang in Aarau (2007), als er gegen Philipp Schuler stellte und den Kranzgewinn deshalb verpasste.


Ihre Tipps an jüngere Schwinger:

«Freude haben», sagt Thomas Zaugg. Aber zugleich ehrgeizig sein. Erich Fankhauser erklärt: «Ich höre von vielen Schwingern die Zielsetzung ‹am Sonntag noch dabei sein›. Wenn man aber am Sonntag noch dabei ist, dann ist auch der Kranz in Reichweite.»


Spezielle ESAF-Anekdoten:

Dazu fällt beiden wenig ein, zu fokussiert waren sie während dem Fest. Den Sonntagabend hätten sie aber immer genossen und gelebt, auch weil dann der Druck abgefallen sei. Eine schöne Geschichte schrieb Erich Fankhauser: «Ich habe mich hochgearbeitet. 2001 in Nyon war ich Ranglistenverkäufer, 2004 in Luzern Täfelibueb und 2007 konnte ich als jüngster Schwinger teilnehmen.»


Wie die beiden das ESAF verfolgen:

Während Thomas Zaugg in Mollis vor Ort sein wird, verfolgt Erich Fankhauser das Fest heuer am TV. «So kann ich mehr und besser schwingen schauen, als wenn ich ständig in Gesprächen bin.» Zudem ist der Standort Mollis nicht optimal. In Thun werde er sicher wieder vor Ort dabei sein. Wo sich die beiden grundsätzlich einig sind: «Die Grösse der Feste, das Rahmenprogramm und das Festgelände rund um das Eidgenössische, das sollte in den kommenden Jahren wieder etwas kleiner werden.»


Wer in Mollis Schwingerkönig wird:

Die beiden tun sich schwer, sich auf einen Namen festzulegen. «Es ist in diesem Jahr wirklich so offen wie noch selten.» Etwa acht bis zehn Schwinger aus der Innerschweiz, Nordostschweiz und Bern haben Chancen, wenn es gut läuft. Ein junger Athlet wie Michael Moser wäre gut für den Schwingsport. Sowohl Zaugg als auch Fankhauser trauen ihm viel zu. «Er schwingt attraktiv und erfolgreich.» Neben den viel genannten Favoriten wie Schwingerkönig Joel Wicki, Fabian Staudenmann oder Samuel Giger halten beide zum Beispiel Damian Ott für gefährlich: «Bei mir hat noch nie jemand so eng gegriffen wie er», erinnert sich Erich Fankhauser.


Die Chancen der Schlussgangteilnehmer von Pratteln 2022:

Joel Wicki ist formstark. Er hat weniger Feste bestritten als andere, dafür sehr gut trainiert. Als amtierender König ist es immer schwer, weil er hart eingeteilt wird. Zaugg und Fankhauser sehen einen grossen Vorteil: «Er macht mit guten Mittelschwingern meist kurzen Prozess.» Beide wissen noch aus eigener Erfahrung: Wicki kann man nicht auf Distanz halten. Deshalb: «Gegen ihn muss man selber ziehen.» Auch die Formkurve von Matthias Aeschbacher zeigt aufwärts: «Er wird wieder vorne dabei sein.»


Welche Emmentaler und Entlebucher Neu-Eidgenossen werden können:

In den Augen von Zaugg und Fankhauser können es viele schaffen. Wichtig ist, am Anfang gut ins Fest zu kommen. Auf Entlebucher Seite trauen die beiden Marc Lustenberger und Marco Fankhauser einiges zu – vorausgesetzt, sie gehen ohne gesundheitliche Probleme ins Fest. Bei den Emmentalern sind die Erwartungen an Michael Moser natürlich hoch, auch Lars Zaugg oder Fabian Stucki sind heisse Kandidaten.


Schwinger, die nicht zwingend im Rampenlicht stehen, aber eine wichtige Rolle fürs Team spielen:

«Auf Berner Seite sicher die Aebersold-Brüder, Adrian und Fabian», antwortet Fankhauser sofort. Auch Routinier Thomas Sempach könnte jemanden ausbremsen, genauso wie Remo Vogel, Josef Lustenberger und Carlo von Rickenbach auf Entlebucher Seite. Letzterer hat heuer am Innerschweizerischen Werner Schlegel gestellt. Bei allen wird aber entscheidend sein, dass sie ebenbürtige Schwinger schlagen, um anschliessend einem Grossen ein Bein stellen zu können. Auch gegen Fritz Ramseier schwinge niemand gern, zudem schwingt er schon die ganze Saison über konstant stark.


Eine steile These zum Schluss:

«Der Schwingerkönig schwingt nur eine Woche nach dem ESAF im Kemmeriboden», scherzen die beiden. Da in Kemmeriboden fast ausschliesslich Emmentaler und Entlebucher Gäste schwingen, würde das bedeuten, dass ein Schwinger aus der Region König wird. Doch bei allem Optimismus würde es wohl ein Wunsch bleiben. Denn: «Auf den König warten sicher ganz viele andere Termine, zum Schwingen wird er kaum mehr kommen.»

21.08.2025 :: Micha Strohl (msz)