Die US-Zölle stellen die regionale Wirtschaft vor Herausforderungen

Die US-Zölle stellen die regionale Wirtschaft vor Herausforderungen
Die US-Zölle sorgen dafür, dass nicht nur in der Produktion die Späne fliegen. / Bild: zvg
Emmental/Entlebuch: Produkte aus der Schweiz werden von der US-Regierung mit 39 Prozent Zoll belegt. Was bedeutet das für die exportorientierten Unternehmen aus der Region?

«Momentan wirken sich die Zölle hauptsächlich störend aus und schaffen Unsicherheit.» Mit diesem Satz bringt Benno Zemp, Direktor der Elektrisola Feindraht AG in Escholzmatt, die Stimmung auf den Punkt. Der Aufschrei war gross, als der US-Präsident ausgerechnet am 1. August die neuen Zollsätze bekanntgab. Die Schweiz hat es mit 39 Prozent besonders hart erwischt. Konkret bedeuten die Zölle, dass Waren aus der Schweiz in den USA massiv teurer werden. Eine der Konsequenzen wird sein, dass sich Schweizer Produkte schlechter verkaufen lassen, weil Konkurrenten aus Ländern mit tieferen Zöllen ihre Waren günstiger anbieten können. In ersten Reaktionen beschworen einige Wirtschaftsvertreter wahre Horrorszenarien herauf. Auch im Emmental und im Entlebuch gibt es Firmen, die direkt betroffen sind.


Auch Frankenkurs bereitet Sorgen

Die Peter Lehmann AG in Bärau fertigt Präzisionswerkzeuge, die in der Herstellung komplexer Bauteile weltweit zum Einsatz kommen. «Wir sind von den neuen US-Zöllen direkt betroffen, da rund acht bis zehn Prozent unseres Umsatzes im US-Markt erwirtschaftet werden», schreibt CEO Marcel Mosimann auf Anfrage. «Die USA sind für uns ein wichtiger, aber nicht dominierender Absatzmarkt.» Bei den meisten der angefragten Firmen aus der Region beläuft sich der US-Anteil auf vier bis zehn Prozent. Somit bleibt ihnen das absolute Desaster erspart. Doch die Zölle sind nicht das einzige Problem. «Was uns weit mehr Sorgen bereitet, sind die Währungsverluste. Wir verrechnen einen grossen Anteil unserer weltweiten Exporte in US-Dollar», sagt Benno Zemp von der Elektrisola Feindraht AG. «Der Wert des Dollars gegenüber dem Schweizer Franken ist seit Anfang Jahr bereits um rund zwölf Prozent gefallen.» Das bedeutet eine zusätzliche Verteuerung, auch auf den Märkten ausserhalb der USA. «Der starke Schweizer Franken ist auch für uns ein Belastungsfaktor», sagt Marcel Mosimann von der Peter Lehmann AG.


Vorerst keine Arbeitsplätze bedroht

Die Kambly SA in Trubschachen exportiert hauptsächlich innerhalb Europas, in den USA sind ihre Produkte nur in ausgewählten Läden vertreten. Das Geschäft dort sei aber voll von den Zöllen betroffen, wie die Firma mitteilt. «Für Kambly gibt es keine andere Möglichkeit, als diese Kosten auf die Konsumentinnen und Konsumenten in den USA abzuwälzen. Dies wird aus unserer Sicht einen massiv negativen Einfluss auf die verkauften Mengen haben.» Besondere Herausforderungen hat die Jakob Rope Systems zu bewältigen. Neben Trubschachen befindet sich ein weiterer Produktionsstandort in Vietnam, das seinerseits mit 20 Prozent Zöllen belegt wurde. Das ist zwar nur knapp die Hälfte im Vergleich zur Schweiz, aber immer noch fünf Prozent höher als in der EU. Die Firma wird also doppelt bestraft. Auf die Frage, ob Arbeitsplätze gefährdet seien, gibt CFO Matthias Feierabend Entwarnung. «Es sind keine Stellenstreichungen oder Kurzarbeit am Standort Trubschachen vorgesehen.» Eine Absicht der Trump-Administration besteht darin, dass Firmen in den USA produzieren sollen, um damit die hohen Zölle zu umgehen. Ist das für Jakob Rope Systems ein Thema? «Ein solcher Schritt ist für uns nicht sinnvoll, da die Kosten im Verhältnis zum Umsatz für uns in keinem Verhältnis stehen. Die Firma sowie unser Umsatz in den USA sind dafür zu klein», so Feierabend.


Die Politik ist gefordert

Das Langnauer Unternehmen Swiss Fine Line exportiert Frameless-Schiebefenster in die USA. CEO Kurt Berger findet klare Worte auf die Frage, ob ein Umzug in die USA ein Thema ist: «Nein. Amerika ist bauwirtschaftlich ein Entwicklungsland. Mit den Zöllen wird jegliche Innovation im Bauwesen, die ja nur aus Europa kam, unterbunden.» Und Berger ist auch überzeugt, dass die heimische Wirtschaft die Krise überstehen wird: «Schweizer Unternehmer sind agil und einfallsreich genug, um heraufbeschworene Krisen, welche die unsäglichen Politiker rund um den Erdball anrichten, zu bewältigen.» Trotzdem, die Politik ist gefordert, wie Michael Mosimann von der Peter Lehmann AG betont: «Eine Ausweitung der Kurzarbeit könnte nötig werden. Wir schätzen die Möglichkeit der Kurzarbeit sehr und setzen uns dafür ein - und fordern auch - dass deren maximale Bezugsdauer auf 24 Monate verlängert wird.» Dies müsse nun schnell vom Parlament beschlossen und umgesetzt werden, so Mosimann weiter. Benno Zemp von der Elektrisola Feindraht AG sieht die Politik ebenfalls in der Pflicht. «Der US-Protektionismus kann uns auch Chancen eröffnen, indem die Kundschaft lieber auf die Stabilität und Verlässlichkeit eines Schweizer Lieferanten setzt. Gute Handelsbeziehungen und Freihandelsabkommen, beispielsweise mit China, sind hierfür zentral.» In einem Punkt sind sich alle Verantwortlichen einig; falls die hohen Zölle bestehen bleiben, wird sich das negativ auf alle Lebensbereiche in der Schweiz auswirken. Andererseits ist Donald Trump bisher nicht gerade durch Beständigkeit aufgefallen. Gut möglich, dass schon bald wieder alles anders ist.

21.08.2025 :: Busche Frei (fbw)