Das Ehepaar, das Romane schreibt

Das Ehepaar, das Romane schreibt
Beide haben ihr zweites Buch veröffentlicht. Das Ehepaar Esther Gerber und Daniel Schweizer. / Bild: Laura Fehlmann (lfc)
Langnau: Esther Gerber und Daniel Schweizer sind verheiratet und beide schreiben Bücher. Nun erscheinen zwei neue Romane. Unterschiedlicher könnten die Geschichten nicht sein.

Esther Gerber ist in Zollbrück geboren. Ursprünglich war sie Pflegefachfrau, später Sozialarbeiterin. Zu schreiben begann sie mit dem Erfinden und Erzählen von Geschichten für die Enkelkinder. Nach der Pensionierung schrieb sie ihr erstes Buch. Ihr Ehemann Daniel Schweizer, aufgewachsen in St. Gallen, machte eine Ausbildung zum Buchhändler. Die letzten drei Jahrzehnte seines Berufslebens arbeitete er bei den Parlamentsdiensten im Bundeshaus. Seit einigen Jahren ist er freier Mitarbeiter bei der «Wochen-Zeitung». Die beiden leben in Langnau.


Sie sind ein Ehe- und Schriftstellerpaar. Wer schrieb das erste Buch?

Esther Gerber: Ich.


Dann hat es Sie auch gepackt, Daniel Schweizer?

Wir waren im Goms, es schneite unaufhörlich, und sie schrieb und schrieb. Das hat mich motiviert, und ich dachte: Das mache ich auch. Inspirierend war für mich auch die Mitarbeit bei der «Wochen-Zeitung».

Gerber: Er hat jahrelang gesagt, er wolle einmal einen Krimi schreiben.

Schweizer: Ein klassischer Krimi war aber nie ein Thema.


Die Intrigen im Bundeshaus, die Sie in Ihrem Roman beschreiben, muten allerdings schon etwas kriminell an…

Ich wollte einfach eine Geschichte schreiben mit einem Widerling im Zentrum.


Sie arbeiteten drei Jahrzehnte bei den Parlamentsdiensten. Hat jemand vom Bundeshaus darauf reagiert, dass Ihr Widerling ein Bundesrat ist?

Nein, bis jetzt nicht.


Viele werden sich fragen, welcher Bundesrat gemeint ist. Ihre Romanfigur trägt einen Borsalino, wie Alain Berset.

Ich dachte nicht an Berset, obschon es ein paar Parallelen geben mag. Eine Klage von ihm muss ich vermutlich nicht in Betracht ziehen. Meine Absicht ist nicht, auf eine bestimmte Person zu zielen, sondern mit politischen Romanen auf eine unterhaltsame Art etwas Staatskundeunterricht zu vermitteln, wie ich das schon mit meinem ersten Buch «Die Wahl» getan habe.


Frau Gerber, Sie schreiben eher über soziale und psychologische Themen. Hinter ihrer Figur Mia vermute ich eine Mischung aus mehreren Persönlichkeiten aus Ihrem früheren Berufsleben.

Ich übernahm tatsächlich verschiedene soziale Themen, die mir im Berufsleben begegnet sind. Es handelt sich aber nicht um eine einzelne Geschichte, die ich so miterlebt habe.


Gibt es wirklich Menschen, die so leben wie Mia? Immer zögernd, immer hinterfragend, bevor es einen Schritt weitergeht?

Ja, das kommt vor. Bei Mia entstand dieses Abtasten, weil sie ihre Beziehung zur Mutter ständig neu ausrichten musste.


Beschäftigen Sie die Schicksale aus Ihrem Berufsleben auch nach der Pensionierung noch?

Ja, jedoch nicht so, dass sie mich belasten würden. Mich beeindruckt, dass Menschen in sehr schwierigen Situationen wachsen können und ihren Weg positiv weitergehen.


Daniel Schweizer, auch Ihr Buch prägen Persönlichkeiten aus Ihrem langjährigen Berufsleben im Bundeshaus.

Ja, ich war ja 30 Jahre sehr nah dran. Ich kannte viele Politikerinnen und Politiker gut, den Umgang untereinander und die Politik hinter den Kulissen.


Eure Romane spielen in völlig unterschiedlichen Welten.

Gerber: So ergänzen wir uns auch im richtigen Leben. Wir müssen nicht gleiche Schwerpunkte setzen. Es darf Unterschiede geben. Das zeigt sich auch in unseren Romanen.


Warum schreiben Sie Romane? Ist das Konstruieren einer Geschichte nicht sehr anstrengend?

Gerber: Ich könnte mir nicht vorstellen, einen Ratgeber zu schreiben. In einem Roman bin ich frei, in die Geschichte einzuflechten, was mir wichtig ist.

Schweizer: Mein Buch ist vielleicht Staatskunde in Romanform, eine Art Hybrid. Ein reines Sachbuch hätte zu viele Recherchen gebraucht.


Reizt Sie das Spielerische?

Gerber: Sicher. Obschon, Recherchen und Verifizierungen waren auch für mein Buch nötig.

Schweizer: Das Spiel mit Stil und Sprache reizt mich am meisten.


Daniel Schweizer, Sie verwenden ja eine eher saloppe Sprache in Ihrem Roman. Redet man so im Bundeshaus?

Das kommt bestimmt vor. Man hört ja immer wieder, wie harsch Politiker miteinander umgehen. Ich habe es natürlich auf die Spitze getrieben.


Dagegen wirkt Ihre Romanfigur sehr brav, Frau Gerber. Warum?

Mir war wichtig, dass sie sich entwickelt. Was sie auch tut, trotz aller Schwierigkeiten, die ihr begegnen, und obschon sie brav wirkt.


Stehen jetzt Lesungen auf dem Plan? Und sind schon Ideen für weitere Bücher vorhanden?

Schweizer: Lesungen habe ich keine geplant. Dafür ist etwas im Tun, was neue Ideen betrifft.

Gerber: Ich werde am 21. Oktober in der Bibliothek Langnau lesen. Pläne für ein neues Buch existieren bei mir derzeit nicht.


Hier gehts zu unserem Video-Interview mit Daniel Schweizer zu seinem neuen Roman: YouTube

Intrigen im Bundesrat - Daniel Schweizer

Beim Betrachten des Buchdeckels fällt etwas sofort auf. Der Borsalino, ein blauer Hut, der während der Pandemie das Markenzeichen von Bundesrat Alain Berset war. Aber nein, der zeitweise umstrittene Sozialdemokrat sei in seinem Roman nicht gemeint, sagt der Autor. Obschon man als informierte Leserin - nebst dem Borsalino - ein paar Parallelen entdeckt: Der fiktive, frisch gewählte Bundesrat Beda Tobler geht mit der Parteipräsidentin ein «Gschleipf» ein, obschon sie beide liiert sind. Je nach Situation und Bedarf gibt er sich anbiedernd oder unnahbar, und politisch hat er ganz klare Pläne, nämlich, dass er vom Verteidigungsdepartement zu den Finanzen wechseln kann. Tobler hat keine Angst aufzufallen, im Gegenteil. Statt als freundlicher Mensch gibt er sich offensiv. Seine Zielstrebigkeit lässt ihn bald jegliche Vorsicht vergessen. Er intrigiert schmutzig und unfair, was ihn dazu zwingt, sein Amt niederzulegen, in Sichtweite schon ein nächstes in einer Organisation, in der Intrigen und Machtkämpfe ebenfalls gang und gäbe sind.

Familiengewitter - Esther Gerber

Dunkler Wald, sonnenbeschienene Wiesen und ein aufziehendes Gewitter mit Blitz und Donner. So ist der Buchumschlag des zweiten Romans von Esther Gerber gestaltet, und etwa so lässt sich die Stimmung der Romanprotagonistin Mia beschreiben. Die 33-Jährige erlebt lichte und freudige Momente, die sich mit dunklen Phasen abwechseln und ab und zu gilt es, ein Gewitter zu überstehen. Eine unerwartete Erbschaft, die ihr eine Grosstante vermacht, löst eine familiäre Krise aus, die seit eh und je geschwelt hat - manchmal mehr, manchmal weniger. Mias psychisch kranke Mutter missgönnt ihrer Tochter die Erbschaft, was zum Zerwürfnis führt. Dies wiederum weckt Schuldgefühle und Wut in der jungen Frau, die jedoch versucht, ihren eigenen Weg kompromisslos weiterzugehen. Ihre beste Freundin steht ihr dabei zur Seite. Da sind auch noch zwei Männer, die sich für Mia interessieren. Das verwirrt und stärkt sie gleichzeitig so, dass sie immer mehr wagt, auf ihre Gefühle zu hören und einem der Männer zu vertrauen. Die neu gewonnene Sicherheit bringt Licht in ihr Leben.

14.08.2025 :: Laura Fehlmann (lfc)