Dank neuem Angebot sollen mehr Mädchen Fussball spielen

Dank neuem Angebot sollen mehr Mädchen Fussball spielen
Die Fussballclubs Biglen, Grosshöchstetten, Konolfingen und Oberdiessbach wollen Juniorinnen-Teams aufbauen. / Bild: Silvia Wullschläger (sws)
Fussball: Vier Klubs im Kiesental bieten neu Trainings nur für Mädchen an. Die Euphorie rund um die Frauen-EM ist zwar nicht der Auslöser, kommt den Verantwortlichen aber gelegen.

«Froue, chöit zäme cho», ruft Lisa Tschanz auf das Spielfeld auf dem Inseli in Konolfingen. Die Mädchen beenden das Kicken und finden sich bei ihrer Trainerin ein. «Wir haben heute zwei neue Gesichter; nehmt sie mit, integriert sie», sagt Tschanz zu ihrem Team. Und dann noch: «Ich habe den Trainingsablauf etwas umstrukturiert; wir werden heute schwitzen», sagts und startet mit dem Aufwärmen.

Die Altersunterschiede sind relativ gross, trainieren doch die Kategorien FF14 und FF17 gemeinsam. FF steht für «Frauenfussball». Dass die Mädchen unter sich sind, ist neu im Team Chiesetau, einem Zusammenschluss der Fussballklubs Konolfingen, Grosshöchstetten-Schlosswil, Oberdiessbach und Biglen im Nachwuchsbereich. 

Mit der Pubertät wirds anders

«Vorher trainierten die Mädchen immer mit den Jungs zusammen in gemischten Teams», sagt Lara Walker, Juniorenverantwortliche beim FC Grosshöchstetten-Schlosswil und Mit-initiantin des Projekts. Das sei gerade bei den Jüngeren meist kein Problem, doch mit der Pubertät verändere sich das. Manche Spielerinnen wechselten dann zu einem Frauenklub wie den Femina Kickers in Worb, andere hörten ganz auf. Mit dem neuen Frauenfussball-Angebot für alle Mädchen der Jahrgänge 2018 bis 2008 will das Team Chiesetau nun eine Alternative bieten. Und das kommt an, wie die jungen Frauen auf dem Feld beweisen. Obwohl längst nicht jeder lange Pass sein Ziel erreicht und auch die Ballannahme mit der Brust noch geübt sein will, der Motivation tut das keinen Abbruch. «Ich sehe uns schon an der nächsten WM», witzelt eine der Spielerinnen. Die EM in der Schweiz haben die meisten von ihnen intensiv verfolgt, wie sie in der Trinkpause erzählen. «Ich war so froh, hat England gewonnen.» – «Was, du bist auch für England? Das habe ich nicht gewusst.» Nach Vorbildern gefragt, werden sofort Namen genannt. Livia Peng, die Schweizer Torhüterin, oder die Offensivspielerin Géraldine Reuteler stehen hoch im Kurs. «Es ist wichtig, dass die Mädchen Vorbilder haben», sagt Trainerin Lisa Tschanz. Die Sichtbarkeit des Frauenfussballs und das Niveau der Liga seien hierzulande viel geringer als im Ausland. «Um das zu ändern, muss man bei den Jüngsten beginnen.»

Das Projekt der vier Klubs verfolgt genau dieses Ziel. «Wir wollen, dass jedes Mädchen im Kiesental in einem reinen Juniorinnenteam spielen kann, wenn sie das möchte», sagt Joy Walker. Das Einzugsgebiet sei gross genug, um mit der Zeit auf jeder Stufe ein Mädchenteam zu melden. Die Euphorie rund um die EM helfe dabei. Jedenfalls habe es deutlich mehr Anfragen gegeben als auch schon. 

«Einfach mal starten»

Das Team Chiesetau hat das Projekt letztes Jahr in kleinem Rahmen gestartet. Die Fussballerinnen der Kategorie FF17 bildeten das erste Mädchenteam und spielten im Frühling Meisterschaft. Seit August gilt das Trainingsangebot nun für alle Spielerinnen im Alter von 7 bis 17 Jahren. In den beiden jüngsten Kategorien sind Mädchen und Knaben weiterhin zusammen, es wird aber ein sogenanntes Pooltraining durchgeführt. «Die Kinder werden in Kleingruppen eingeteilt. Sie können selbst entscheiden, ob sie in geschlechtsspezifischen oder gemischten Teams trainieren wollen», erklärt Joy Walker. Sie hofft, dass sich mit dem neuen Angebot mehr Mädchen getrauen, die Fussballschuhe zu schnüren. Sicher brauche es etwas Zeit. Beim Start letztes Jahr musste das erste Schnuppertraining mangels Nachfrage abgesagt werden; beim zweiten kamen 8 Mädchen, dann 12, dann 16. Wichtig sei, so Walker, fixe Trainingszeiten anzubieten und einfach mal zu starten. «Es spricht sich dann an der Schule herum und die Mädchen nehmen hoffentlich ihre Freundinnen mit.» 

Die Fussballerinnen auf dem Inseli jedenfalls sind begeistert von ihrer Sportart. «Man kann sich so richtig auspowern», sagt eine. Auch das Zusammenspiel im Team gefällt. Die ersten Matches des Teams Chiesetau sind noch gut in Erinnerung. «Wir haben fast alle verloren», sagt eine Spielerin, «aber gegen Schluss wurden wir immer besser und das letzte Spiel haben wir sogar gewonnen.» 

Trotz Lia Wälti: Es reicht erst für ein Team

Mit Lia Wälti, Captain des Schweizer Nationalteams, kommt eine wichtige Botschafterin des Frauenfussballs aus den Reihen des FC Langnau. Trotzdem, die Anmeldungen seien durch die EM nicht in die Höhe geschnellt, sagt Salome Röthlisberger, Verantwortliche Frauen. Bis jetzt ist die FF14 das einzige reine Mädchenteam des FC Langnau. Das Ziel sei aber, ab Winter auch bei der FF17 mitspielen zu können. «Das würde die Lücke schliessen zu den Aktiven in der 2. Liga», so Röthlisberger. «Und wenn man Matches spielen kann, ist das die beste Werbung.» Sie sei zuversichtlich, dass sich genügend Mädchen melden werden, auch dank der Zusammenarbeit mit dem FC Aemme.

14.08.2025 :: Silvia Wullschläger (sws)