Von Hörgeräten und Rückspiegeln – der Pfarrer und seine Kurzgeschichten

Von Hörgeräten und Rückspiegeln – der Pfarrer und seine Kurzgeschichten
Seine Geschichten erzählen von überraschenden Erlebnissen, Karl Johannes Rechsteiner die der Alltag mit sich bringt. Pfarrer Herbert Held mit seinem neusten Büchlein. / Bild: Karl Johannes Rechsteiner (kjr)
Röthenbach: Er berichtet von überraschenden Erlebnissen aus dem Alltag. Als Büchlein sind die Geschichten von Pfarrer Herbert Held heimliche Bestseller.

«Liebling, wir rächen uns selbst», heisst die Titelgeschichte des neusten Büchleins mit besinnlich-heiteren Geschichten von Herbert Held. Das Drama beginnt auf einem Parkplatz mit dem abgebrochenen Rückspiegel des eigenen Autos nach einem stressigen Einkauf. Was mühsam beginnt, endet mit einem kleinen Weihnachtswunder. Dies ist eine von dem Dutzend neuer Kurzgeschichten des Pfarrers von Röthenbach, die soeben im Verlag Herrmann in Langnau erschienen sind. Herbert Held versteckt seine positive Grundhaltung in den Erzählungen nicht. Ein Happy End gehört immer dazu. Doch vielleicht sollte man besser vom Gottvertrauen sprechen, das in den geschilderten Erlebnissen steckt.


Gute Nachrichten

In der heutigen Welt voller Konflikte, Krisen und Katastrophen setzt Held kleine, feine Zeichen für gute Nachrichten oder eben für die «Gute Nachricht», wie eine populäre Übersetzung der Bibel heisst. Die Ereignisse von einst will er in die heutige Zeit übertragen. Er beschreibt Irrungen und Wirrungen, Zweifeln und Verzweifeln, Unverständnis und Streitereien. Doch mittendrin gerät er ins Staunen, entdeckt Freude und entwickelt Hoffnungsgeschichten. «Gott macht aus dem grössten Mist guten Dünger», schmunzelt der Dorfpfarrer auf der kleinen sonnigen Gartenterrasse neben der Kirche. So macht Held aus Alltagsgeschichten eine Art Gleichnisse von heute. Vor einem Vierteljahrhundert kam der junge Theologe für eine Stellvertretung erstmals nach Röthenbach und blieb. Er schaut etwas verwundert, als er feststellt, wie lange er bereits als Gemeindepfarrer in den altehrwürdigen Kirchen im Dorf und in Würzbrunnen wirkt. Bald steht der Waldgottesdienst bevor, ein besonderes Ereignis zum Schulstart. Das ist für ihn wieder eine Gelegenheit, auf seine Weise von der leisen Präsenz Gottes zu erzählen. So entwirft Held seine nächste «Gebrauchsgeschichte». Nicht nur das Predigen gefällt ihm, sondern das Suchen und Finden von passenden Erzählungen und Erlebnissen. So wie die Beiträge in seinem neuen Bändchen, in denen eine Maus eine Panik auslöst, das fehlende Hörgerät eine ungewöhnliche Verwechslung verursacht oder Jesus ein Unihockey-Team führt.


Auf den Punkt gebrachte Geschichten

Dass er heute solche Geschichten publiziere, habe er nicht geplant, erklärt der Pfarrer. Erst durch die Kolumne «Auszeit» in der «Wochen-Zeitung» und durch einen Studienfreund habe er die Berufung erkannt. «Mich fasziniert, wie Kurzgeschichten in wenigen Minuten etwas auf den Punkt bringen», erklärt er. Seine Frau Katharina Held trage als Erstleserin mit ihrem Feedback zur Textqualität bei. Nach den ersten zwei Büchlein mit gesammelten Kolumnen von 2010 und 2015 erschien 2017 «Die Katze unter dem Weihnachtsbaum» mit Erzählungen. «Pfarrer Kohli platzt der Kragen» folgte 2020, «Wir streiten nie!» im Jahr 2023. Während die Bücher der meisten Schweizer Schriftsteller mit Auflagen um vielleicht 1000 Stück in den Verkauf gehen, verkauft der Röthenbacher Autor auch mal 3000 Exem-plare, das ist auch die Auflage für die neue Publikation. Offenbar findet hier ein heimlicher Bestseller sein Publikum nicht nur in der Region durch Bestellungen in der Kirchgemeinde, sondern auch via Buchhandlungen und Pfarrhäuser im ganzen deutschsprachigen Raum.

24.07.2025 :: Karl Johannes Rechsteiner (kjr)