Ausgelassen feiern die Dorfbewohner den Sieg über den Landvogt. Aber die Freude hält nicht lange. / Bild: zvg
Moosegg: Die Freilichtspiele führen bis Mitte August «Die schwarze Spinne» nach Jeremias Gotthelf auf. Die Inszenierung steckt voller Emotionen, berührender Musik und Gruselszenen.
Als Kindsgotte Christine (Nicole D. Käser) den Tisch für die Tauf-Feier deckt, hat sie noch ein fröhliches Lied auf den Lippen. Wir schreiben das Jahr 2025 samt Handys, Kinderwagen, Hamme mit Kartoffelsalat und Taylor Swifts Song «Shake It Off». Als die Gesellschaft bestens gelaunt aus der Kirche kommt und Zukunftspläne schmiedet, entdeckt sie einen Zapfen im uralten hohlen Baum. Eigentlich soll der gefällt werden, weil er zu viel Schatten wirft und Dreck macht. Die Grossmutter des Täuflings (Ruth Iseli) wird aber ganz ernst und beginnt mit Grabesstimme die Geschichte der schwarzen Spinne zu erzählen. Die Bühne dreht sich um 180 Grad und die dunkle Zeit von damals wird fürs Publikum sichtbar. Genial gelöst ist die Optik des Bühnenbilds mit schwarz-weiss-grauen Kostümen von Manon Noëmi Criblez.
Der Fiesling spricht Hochdeutsch
Dann hallt ein markerschütternder Schrei durch den Wald der Moosegg. Die Dorfbewohner haben den Teufel (Miriam Jenni) übers Ohr gehauen, der höllisch laut seine Wut rauslässt. Denn Hebamme Christine hatte dem Pferdefüssigen versprochen, ihm das nächste ungetaufte Kind zu überlassen, wenn er dem geknechteten Dorf hilft. Landvogt Hans von Stoffeln (Adrian Schmid) hatte gefordert, innert 30 Tagen 100 grosse Buchen zu pflanzen, damit es sein Sohn (Nick Schaffer) schön schattig habe. Die unmögliche Aufgabe erledigt der Teufel mit Hilfe von «feurigen Eichhörnchen» im Handumdrehen. Der fiese Landvogt und sein Spross sprechen natürlich unsympathisch Hochdeutsch: «Kein Wunder, dass ihr immer krank seid bei all den ‹chs› in eurer Sprache…» Zweimal schafft es der Pfarrer des Dorfes (Max Sterchi) mithilfe der Hebamme, Neugeborene zu taufen und zu retten. Aber der Pakt mit dem Teufel bekommt Christine gar nicht gut. Der Leibhaftige hatte sie auf die Wange geküsst – an dieser Stelle wächst eine Spinne, die sich im Laufe der Zeit vermehrt und alles vergiftet.
Kopfkino bestens bedient
Sieben teils sakral anmutende Chorlieder sind für diese Inszenierung aus der Feder von Simon Burkhalter (Text) und Bruno Leuschner (Musik) entstanden, um die Atmosphäre zu verdichten. Der Livechor der Schauspielenden wird verstärkt durch mitsingende starke Stimmen aus den Lautsprechern – ein unter die Haut gehender Effekt. Im Klagelied heisst es «Me friert ganz töif im Härze fescht, Hunger, Dräck und Gwalt sy üsi Gescht.» Gruselig erklingt das Spinnenlied mit «Si graaget, si gumpet, si frisst, sie schnaaget, si plumpset, si sticht…» Es ist dankenswert, dass bei der choralen Beschreibung der Spinnenplage, wie im ganzen Stück, keine einzige Spinne zu sehen ist. Das Kopfkino wird durch die Inszenierung von Corinne Thalmann trotzdem bestens bedient. Dazwischen streichelt ein Tanzlied die Gemüter, als sich das Dorf noch in Sicherheit wiegt. So zierlich wie feminin Miriam Jenni als Teufel auftritt, so furchteinflössend wirkt sie in ihrer Rolle. Der Satan ist eben nicht immer eindeutig böse, sondern oft teuflisch nett – ein aktueller Ansatz, will man meinen. Theres und Godi (Sarina Wälti und Ronnie Grossenbacher) spielen steinerweichend romantisch – bis zum tragischen Ende, wo es heisst: «Das Böse wegsperren – Gott hilf, dass das eines Tages geschieht!»