Sie sind frech und anhänglich

Sie sind frech und anhänglich
Die Ziege Delta beäugt den Besucher neugierig. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Flühli: Auf der Alp Hinter Falkenbach verbringen nebst Rindern auch die Geissen der Älplerfamilie Krummenacher den Sommer. Die Ziegen sind der grosse Stolz der Familie.

Mit hellem Gebimmel kommen die Geissen angetrabt, sobald Jeanette Krummenacher die Weide betritt. 

Weil es an diesem Nachmittag heiss ist, haben sich die Tiere an einen Waldrand zurückgezogen. Bei den weissen Saanengeissen fallen die dunklen Flecken auf der Nase auf. «Das ist vom Harz, weil sie auch die Tannen anknabbern», weiss Jeanette Krummenacher. «Das ist ein grosser Vorteil der Geissen. Sie helfen mit, aufwachsende Tännchen und Erlen in den Weiden zurückzudrängen. Nur die Disteln müssen wir noch selber ausstechen. Das packen wir dann mal an, wenn es etwas weniger heiss ist.»


Wenige, aber sehr gute Tiere

Während sich ein paar ganz anhängliche Geissen nach wie vor um die Älplerin drängen, widmen sich andere rasch wieder den Gräsern und Kräutern auf der Weide – nun halt im Schatten der mächtigen Linde, die beim Haus der Alp Hinter Falkenbach steht. Jeanette Krummenacher kennt nicht nur jede Geiss beim Namen, sondern noch viele Details. «Die beiden hier sind Mutter und Tochter. Und die dort», erklärt sie weiter und deutet auf ein Gitzi, «gehört auch noch in diese Linie.» Letztes Jahr waren sogar vier Generationen vereint, aber dann musste sich die Familie von der ältesten Geiss trennen. «Das ist jeweils nicht einfach», bekennt die 43-Jährige. Aber das sei der Lauf der Zeit und Anfang Februar gebe es jeweils wieder neue Gitzi. Weil die Tiere über eine gute Abstammung verfügen, kann die Familie auch die jungen Böcke meist für die Zucht verkaufen, statt diese schlachten zu müssen. Vier Böcke sind derzeit auch auf der Alp. Diese sind in einem separaten Stall mit Auslauf einquartiert, dass sie sich ja nicht mit der «falschen» Geiss paaren, denn die Krummenachers halten nicht nur Saanen- sondern auch Toggenburger- und Oberhasli-Brienzerziegen. Dass sie ein gutes Händchen in der Zucht haben, lässt sich an den Glöcklein lesen, welche die Ziegen tragen. «Interkantonale Ausstellung Rüti» ist da zu lesen. Damit bei der Beurteilung der Ziegen auch die Milchleistung berücksichtigt werden kann, müssen diese zwingend gemolken werden. Die Milch wird nicht zu Käse verarbeitet, sondern an die Gitzi verfüttert. Dass die Ziegen auf der Alp aufgrund des magereren Futters weniger Milch geben, nehme sie in Kauf. 

Die Tage auf der Alp sind lang. «Wir stehen morgens vor 05.00 Uhr auf», berichtet Jeanette Krummenacher. Ihr Mann, Daniel, arbeitet Vollzeit als Maurer. Auch die drei Kinder Severin, Nicola und Anja packen mit an. Natürlich hat jedes der Kinder eine Geiss. «Meine ist diese Saanengeiss hier», erklärt der 15-jährige Severin. «Sie ist eine typische Geiss: Frech und anhänglich.»


Die Geissen und ihr Loch

Die Alp Hinter Falkenbach, welche am Südosthang der Beichle liegt, eignet sich aufgrund der Steilheit gut für Ziegen und Rinder. Die beiden Tierarten würden sich gut vertragen, habe sie die Erfahrung gemacht, sagt Jeanette Krummenacher. Die gut zwanzig Rinder werden wegen der Hitze momentan nur nachts geweidet. «Bei den Geissen wäre das wegen der Gefahr von Wolfrissen zu gefährlich». Daher werden die Ziegen am frühen Morgen oder auch abends bis zur einbrechenden Dämmerung auf die Weide getrieben. Gerne halten sich die Tiere bei grosser Hitz auch im «Geisseloch», einer natürlichen Höhle unweit der Alphütte auf.


«Lieber dobe aus dunger»

Auch die Familie fühlt sich wohl auf der Alp. «Mir sy lieber dobe aus dunger», erklärt die Bäuerin in einer Mischung aus Entlebucher und Emmentaler Mundart. Aufgewachsen ist Jeanette Krummenacher nämlich in der Region Moosegg. «Ich bin aber schon als Kind in den Ferien oft ‹z Aup gange›», berichtet sie. Auch hatte sie bereits als Kind eine Geiss. 

Als sich vor zehn Jahren die Gelegenheit geboten hatte, die Alp Hinter Falkenbach bewirtschaften zu können, haben die Krummenachers sofort zugesagt. Auch ihr Mann und die Kinder scheinen das «Alp-Gen» in sich zu tragen. «Wenn die Natur im Frühling erwacht, zieht es uns automatisch auf die Alp.» Den Geissen scheint es gleich zu gehen. Diejenigen, die schon hier oben waren, wüssten jeweils genau, wo es hingeht, wenn man sie verlade, beschreibt die Älplerin. Da gibts nichts zu meckern.

03.07.2025 :: Bruno Zürcher (zue)