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Unperfekt und doch al dente!

Meine Tochter ist vier Jahre jung. Sie übt schreiben. Sie schreibt «Mama» in allen Formen und Farben. Ich bewundere die vielen Variationen dieses Wortes. Sie übt voller Hingabe. Konzentriert hält sie den grossen Stift in ihren Händen. Doch so fest sie diesen Stift auch in den Händen hält, die Buchstaben, die sie auf das Blatt zeichnet, sehen ganz leicht aus. Manchmal fliegen die M's und die A's spickt es nur so über das Blatt. Manchmal heisst es «Ammm» oder «MmAa», aber immer schreibt sie diese Buchstaben voller Liebe hin. Ich betrachte diesen lustigen Buchstabensalat und lächle dabei genauso stolz wie sie. Sie sitzt dazu auf dem Küchenboden und ich bin nebenan am Kochen. Wieder mal am Kochen. Ich koche irgendwie lustlos. Schmeisse Spaghetti ins kochende Wasser und versuche möglichst viel Liebe in mein täglich ausgeübtes Handwerk zu bringen. Doch meine Kreativität und Lebensenergie hängen so schlaff in mir wie die Spaghetti im Topf. Meine Tochter dagegen sprudelt dabei eher wie das Spaghettiwasser neben mir. Und ich grüble im Kopf und rühre im Topf dazu und stelle mir immer wieder die gleichen Fragen: Warum, um Himmelsgottes Willen kann ich mich eigentlich nicht mehr so liebevoll hingeben? Wo bleibt mein Humor im Alltag, meine Leichtigkeit, meine Zufriedenheit an meinen unperfekten «Amm's» und «Mmaa's»? Wo bleibt der Eifer und der «Söifer» im Mundwinkel? Weshalb fühle ich mich wie die schlaffen Spaghetti und nicht wie das sprudelnde Wasser? Mit runzliger Stirne und offenem Mund vor Konzentration schaue ich auf den Grund dieser Situation. Mamma Mia! Muetter, wo bisch? Wo hast du dich denn versteckt? Unter den erdrückenden Bildern einer guten Mutter. Unter To-do-Listen, Geburtstagskalendern, Ferienplanung, Spielzeugen und Kochtöpfen begraben. «Mama, schau! Ein Herz für dich». Meine Tochter hält mir das Blatt mit den kreativen M's und A's entgegen und in mir fängt sich doch ganz langsam etwas zu bewegen. Meine Hand «klöpfelt» den Kochlöffel von ganz allein an den Kochtopf. Zuerst ganz leise im Takt mit meinem langsam etwas lauter klopfenden Herzen. Doch spätestens als die Spaghetti ganz vom sprudelnden Wasser umzingelt sind, kann ich nicht mehr anders! Ich lasse mich, schlappe Spaghetti, endlich ins sprudelnde Wasser fallen. Verliere die Kontrolle und falle aus der Mutterrolle direkt ins lebendige Leben einer MmmaAMmA mit Herzchen drum, tanze Tango und übe gleichzeitig dolce far niente: Unperfekt und doch al dente!

22.05.2025 :: Fabienne Diessel-Krähenbühl