Der Rohbau der Erschliessungsstrasse, die den Zugang zum Waldgebiet ermöglichen soll, besteht bereits. / Bild: Max Sterchi (mss)
Schüpfheim: Fachleute aus unterschiedlichsten Disziplinen besprachen an einer Fachtagung Möglichkeiten zur Mehrnutzung von Schweizer Holz. Dabei ging man auch ins Gelände.
Holzindustrie Schweiz (HIS) ist ein Unternehmerverband, der sich unter anderem für die Ausschöpfung des Holznutzungspotenzials im Schweizer Wald einsetzt. Deshalb hat der Verband die Initiative ergriffen und zur Fachveranstaltung «Forstliche Erschliessung in den Voralpen und Alpen» nach Schüpfheim eingeladen. In seiner Begrüssung zeigte sich Michael Gautschi, Direktor HIS, besorgt über den fortschreitenden Klimawandel und die Auswirkungen auf den Wald, besonders in tiefergelegenen Regionen. Um eine Mehrnutzung von Schweizer Holz zu ermöglichen, sieht er als naheliegendste Option die bessere Erschliessung der voralpinen und alpinen Waldbestände.
Wissenschaftliche Grundlagen erfasst
In ihrem Referat zeigte Janine Schweier, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), auf, dass die Lokalisierung und Quantifizierung der Holzvorräte wissenschaftlich erforscht und erfasst ist. «Daraus können die Nutzungsmengen räumlich genau und ausführlich abgeleitet werden», folgerte die Referentin. Leo Bont, Technischer Mitarbeiter beim WSL, zeigte am Beispiel von Schüpfheim auf, wie ein bestehendes Wegnetz für ein effizientes Holzernteverfahren ausgebaut werden kann. Dabei gelte es, die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen, klare Zielsetzungen zu definieren und dabei wissenschaftliche Methoden anzuwenden. «Es muss aber immer das Ziel sein, die begrenzt vorhandenen Mittel am effizientesten einzusetzen», meinte er abschliessend. Seine Ausführungen ergänzte Forstingenieur Martin Ammann mit konkreten Lösungsbeispielen für eine sinnvolle und kostengünstige Walderschliessung.
Walderschliessung in der Praxis
Nach den Vorträgen im Adlersaal verschoben sich die rund 120 Teilnehmenden mit Kleinbussen ins Gebiet Brandchnubel, wo derzeit 65 Hektaren voralpines Waldgebiet mit einer Ringstrasse erschlossen werden. Dort, im Bereich der laufenden Bauarbeiten, wurde an Einzelposten über verschiedene Themenfelder orientiert. Urs Felder, Fachbereichsleiter Schutzwald, betonte die Wichtigkeit, den hier vorhandenen Schutzwald pflegen zu können. Im neu erschlossenen Perimeter sei ein Holzvorrat von rund 800 Kubikmetern pro Hektare vorhanden. Bis anhin sei eine angemessene Pflege und Nutzung dieses Waldes aber nicht möglich gewesen. Betroffen vom Projekt seien 22 Landeigentümer, die überzeugt werden mussten, dass mit der Erschliessung eine Nutzung möglich werde und damit ein Mehrwert erzielt werden könne. Silvio Besmer, Fachbearbeiter Waldnutzung, und Bauingenieur Fredy Felder erläuterten den Anforderungskatalog für das Wegprojekt und verwiesen auf die nötigen Plangrundlagen. «Dazu mussten wir die Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes, des Gewässerschutzes, aber auch die Geologie, mögliche Rutschungen und Murgänge, die Wildwechsel und Wildkorridore berücksichtigen und im Auge behalten.» Und zu den Kosten sagten sie: «Die Gesamtkosten belaufen sich auf 1,6 Millionen Franken. Den grössten Anteil von 40 Prozent wird der Schutzwalderschliessung und 34 Prozent der Alp- und Walderschliessung zugerechnet; zulasten der Grundeigentümer wird ein Restbetrag von neun Prozent verbleiben.» Michiel Fehr, Leiter Waldregion Luzern, legte den Fokus auf die veränderten Klimabedingungen und die Leistungen, die der Wald zu erbringen hat. «Es geht um mehr als um
das Holz. Die ganze Holzwirtschaft, die Öffentlichkeit, der Wald als Schutz vor Naturgefahren, als Erholungsraum, als Wasserspeicher und zum Klimaschutz darf nicht unterschätzt werden», betonte er.
Lohnen sich solche Investitionen?
In kurzen Diskussionen wurde immer wieder die Frage laut, ob sich derartige Projekte überhaupt lohnen. Alle Referenten verwiesen dabei auf die Schutzwaldfunktion; diese sei für die Infrastruktur unterhalb des Waldgebietes unabdingbar. Ein Teilnehmer verglich die Baukosten mit einem Strassenkreisel im urbanen Gebiet; ein solcher koste auch um eine Million und dort frage niemand, ob sich das lohne. Ein anderer Teilnehmer stellte fest, dass aus der Waldnutzung kein Gewinn resultiere, aber immerhin die Arbeit bezahlt sei. Dazu sei der gesamtwirtschaftliche Nutzen in der Wertschöpfungskette auch nicht zu vernachlässigen. Für den Nachmittag stand auf dem Plan, die Erkenntnisse mit nationalen und regionalen Interessensvertretern zu diskutieren.