Beim Anstellen an der Wasserrutsche im Schwimmbad fiel mir ein kleines Mädchen auf, das vor mir in der langen Reihe stand. Ihre blonden Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, tropften noch und sie hielt die Hand ihres Vates fest umklammert. Sie blickte sich inmitten der wartenden Menschen um und richtete ihre gossen Augen schliesslich auf mich. Als ich kurze Zeit später nochmals zu ihr sah, musterte sie mich noch immer. Ich kenne das Interesse an fremden Leuten sehr gut. Auch ich habe, als ich kleiner war, viel Zeit damit verbracht, andere zu inspizieren. Dies führte manchmal dazu, dass ich, wenn wir im Restaurant assen, vor lauter Beobachten meine Mahlzeit im Teller
vor mir vergessen habe. Oder an der Kasse im Freibad, als wir so viele Gummitiere kaufen durften, wie wir mit einem Einfränkler bezahlen konnten. Manchmal habe ich da vergessen, in der Schlange nachzurücken, weil mich eine andere Person, die ich noch nie zuvor und danach auch nie wieder gesehen habe, in den Bann gezogen hatte. Ich habe als kleines Mädchen beobachtet, wie sich andere Mädchen und Frauen die Haare binden und es kurze Zeit später an meinen eigenen und den Haaren meiner Schwestern ausprobiert. Ich habe gemerkt, dass das Kaugummikauen auch ohne lautes Schmatzen geht, und habe die Angewohnheiten von anderen imitiert. Ich habe stets beobachtet und nachgemacht, beobachtet und nachgemacht. Nun bin ich älter und vielleicht sogar selbst ein Vorbild für andere Kinder. Einmal hatte ich vor dem Hüten von Kindern keine Zeit mehr, die Zähne zu putzen. Ich habe also schnell einen Kaugummi genommen und bin dann zum Haus der Familie geeilt. Als mich der Kleine ansah, wollte er plötzlich unbedingt ebenfalls einen Kaugummi haben. Er war so stark davon überzeugt, dass er ohne Kaugummi nicht weiterspielen kann, dass wir die ganze Küche und die nähere Umgebung der Küche nach der Süssigkeit absuchen mussten. Mein Kaugummi hatte, wie sollte es anders sein, kurze Zeit nach dem «grossen Fund» keinen Geschmack mehr, woraufhin ich ihn in den Abfall schmiss. Keine Minute später wollte der Kleine den Kaugummi natürlich ebenfalls schnell loswerden. Als sich die Schlange vor dem Mädchen im Schwimmbad aufgelöst hatte und sie mit ihrem Vater an der Reihe war und die beiden in der dunklen Röhre verschwanden, konnte ich nur hoffen, dass der Blick aus zwei Kinderaugen wieder einmal eine solche Gedankenkette in mir auslöst, dass ich damit eine Kolumne füllen kann.