Ein Bach, zwei Gewässerräume und viele Diskussionen

Ein Bach, zwei Gewässerräume und viele Diskussionen
Gemeinderat Martin Wiedmer zeigt beim Hämelbach mit zwei «Schwierli» den Unterschied der Gewässerräume. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Trub/Escholzmatt-Marbach: Die neuen Gewässerräume geben in vielen Gemeinden zu reden. Und besonders dort, wo Gewässer im national geschützten BLN-Gebiet vor sich hin plätschern.

Fast das ganze Gebiet der Gemeinde Trub liegt im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN), nur der südlichste Zipfel ist nicht orange schraffiert. «Der Gemeinderat konnte damals, als grosse Teile von Trub in dieses Inventar aufgenommen wurden, nichts dazu sagen», sagt Gemeinderat Martin Wiedmer. «Und es hiess, dass die Gemeinde dadurch nicht mit zusätzlichen Einschränkungen belegt werde.»


Zwei Kurven, zwei Resultate

Bei der Ausscheidung der Gewässerräume hat das Inventar aber durchaus einen Einfluss. Im Vergleich zu den übrigen Gebieten kommt im BLN-Gebiet bei der Berechnung gemäss Artikel 41 der Gewässerschutzverordnung eine andere Formel zur Anwendung. Martin Wiedmer zeigt dies anhand des Hämelbachs. «Von hier an aufwärts», erklärt Wiedmer und steckt ein «Schwierli» in den Boden, «also im BLN-Gebiet, beträgt der Gewässerraum 36 Meter, weiter unten nur
22 Meter. Der Unterschied ist also gewaltig.» Der Hämelbach ist eines von vielen Beispielen. Die Gemeinde Trub verfügt total über 180 Kilometer Gewässer. Nicht bei allen ist die Dif­ferenz bei den Gewässerräumen so gross. «Bei den Gräben, die weniger als einen Meter breit sind, ändert sich im Vergleich zur heutigen Regelung wenig. Hingegen bei den Bächen mit einer Sohle von einem bis fünf Metern muss der Raum stark vergrössert werden.» Im Landwirtschaftsland hat dies Auswirkungen: Der Gewässerraum darf nur extensiv bewirtschaftet werden. Die Landwirte dürfen dort also nicht «bschütten» und keine Pflanzenschutzmittel ausbringen. «Bei dieser Matte hier muss also künftig ein Streifen extensiv bewirtschaftet werden», erklärt Wiedmer anhand des Beispiels Hämelbach. Generell seien die verschärften Bestimmungen für die Landwirtschaftsbetriebe nicht existenzbedrohend, sagt Wiedmer, welcher selber Landwirt ist. «Aber es ist halt wieder eine Bestimmung mehr, welche dazu führen könnte, dass das eine oder andere Heimet von der nächsten Generation nicht mehr weitergeführt wird.»


Gutachten nützte nichts

Während viele Emmentaler Gemeinden die Gewässerräume längst festgelegt haben, findet in der Gemeinde Trub aktuell erst die öffentliche Auflage statt. Bis 16. September können die Bürgerinnen und Bürger Einsprache einlegen. Bei der vorangegangenen öffentlichen Mitwirkung sind über 50 mehrheitlich kritische Meldungen eingegangen, nicht wenige wegen der Gewässerräume im BLN-Gebiet. Wegen der vielen Kritik hatte der Gemeinderat das Thema Gewässerräume sistiert und liess ein Rechtsgutachten ausarbeiten. Gemäss diesem kann auch im BLN-Gebiet, die «normale» Berechnung zur Anwendung kommen, wenn die grösseren Masse unverhältnismässig wären.

Das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung beharrt indes auf den grösseren Gewässerräumen und schreibt: «Mit den breiteren Gewässerräumen wird die Nutzung nicht unverhältnismässig eingeschränkt.»

Es gebe aber Beispiele, die zeigten, dass die Kantone durchaus über Handlungsspielraum verfügten, sagt Gemeinderat Martin Wiedmer. «Im Kanton Graubünden werden die Gewässerräume im BLN-Gebiet alle normal berechnet.»  

Wie gehts nun in Trub weiter?
Nach der öffentlichen Auflage werde es wohl zu Einspracheverhandlungen kommen und am Ende wird die Gemeindeversammlung Trub über diesen Teil der Ortsplanung abstimmen, orientiert Martin Wiedmer. Falls das Volk Nein sage, würden die neu geregelten Gewässerräume «von oben» verfügt werden.

Escholzmatt-Marbach führt die Topografie ins Feld

Die Gemeinde Escholzmatt-Marbach hat die öffentliche Auflage zu den Gewässerräumen vergangenen November durchgeführt. Dabei «sind total 197 Einsprachen eingegangen, 268 Anträge auf ein Gewässer bezogen
und 111 Sammeleinsprachen», teilte die Gemeinde im Juni mit.

«Die vielen Einsprachen auszuwerten, war sehr aufwändig», sagt Gemeinderätin Jeanette Riedweg-Lötscher.
Im Anschluss habe man entschieden, für welche Gewässerabschnitte eine Begehung organisiert werde, erklärt die Gemeinderätin. «Nicht bei allen Bächen lässt sich die Breite auf Karten bestimmen.» Die Begehungen würden im Herbst durchgeführt werden.

Die Gemeinde Escholzmatt-Marbach stand mit der benachbarten bernischen Gemeinde Trub in Kontakt.
«Wir durften verdankenswerterweise auch deren Gutachten verwenden», berichtet sie. Dieses lasse «mehrere Türli offen». Beispielsweise könne der Gewässerraum im BLN-Gebiet aufgrund der Topografie verkleinert werden. Dies sehe die eidgenössische Gewässerschutzverordnung vor.

Dass bei diesem Thema ein gewisser Kantönligeist herrsche, komme nicht überraschend, sagt die Gemeinderätin. «Die Arbeitshilfe des Bundes ist recht vage formuliert, was zu ungleichen Anwendungen führt.»


«Für das Gewässer bringt das nichts»

Im Vergleich zu Trub hat Escholzmatt-Marbach deutlich weniger Flächen im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN). Dazu gehört etwas die Region Glichenberg, unmittelbar an der Grenze zu Trub. «Bei den grösseren Gewässerräumen, die im BLN-Gebiet gefordert werden, sehe ich schlicht den Nutzen nicht», hält Jeanette Riedweg-Lötscher fest. «Für das Gewässer bringt das nichts.» Hingegen bringe es für die Landwirtschaft Nachteile. «In unserer Gemeinde gibt es Betriebe, welche auf drei Seiten von Gewässern umgeben sind. Diese werden durch die neuen Räume stark eingeschränkt.» Jeanette Riedweg-Lötscher betont, dass es bereits Bewirtschaftungseinschränkungen gegeben habe: 3 beziehungsweise 6 Meter ab Böschungsoberkante. Der neue Gewässerraum übertreffe jedoch ein vernünftiges Mass und diene nicht dem primären Schutzziel, hält Jeanette Riedweg-Lötscher fest.

Wie im Kanton Bern bestehe auch im Kanton Luzern die Möglichkeit, dass die Gewässerräume – wenn das Volk Nein sagt – vom Regierungsrat verfügt würden, sagt die Gemeinderätin, die beruflich als Rechtsanwältin tätig ist. Dann bleibe noch der Gang ans Kantonsgericht.

Persönlich hoffe sie, sagt Jeanette Riedweg-Lötscher, dass die Landes-regierung für umsetzbare und einheitliche Gewässerräume sorgen werde, wie dies eine Motion fordere.

29.08.2024 :: Bruno Zürcher (zue)