Beim Kemmeriboden plätschert die Emme ruhig dahin. Vor zwei Jahren donnerte hier eine Flutwelle talwärts. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Schangnau: Vor zwei Jahren hat eine Flutwelle der Emme für grosse Schäden gesorgt. Diese sind mehrheitlich behoben. Doch abgerechnet sind die Leistungen noch lange nicht.
Die Erinnerung an das Unwetter vom 4. Juli 2022 sind beim Schangnauer Gemeindepräsidenten noch präsent. «Wir sind einfach dankbar, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind», erklärt Beat Gerber auch in Bezug auf die jüngsten Unwetter in der Schweiz. «Sachschäden kann man beheben, auch wenn es Zeit braucht.»
Die Nachwehen des Unwetters 2014
Lange dauert es auch, bis alle Rechnungen beglichen sind. «Ich habe da leider schon etwas Erfahrung», meint Beat Gerber. Als er 2016 als Gemeindepräsident gewählt wurde, war das Unwetter vom Sommer 2014 noch nicht vollständig abgerechnet. «Das Dossier ‹Unwetter 2014› haben wir erst kurz vor dem Unwetter 2022 ad acta gelegt», berichtet er.
Und nun stapeln sich auf dem Schreibtisch des Gemeindepräsidenten wieder Unwetter-Dossiers, die er abzuarbeiten hat. «Im Unterschied zu 2014 war vor zwei Jahren das betroffene Gebiet kleiner, wenn auch die Schadensumme total gleichwohl rund 5 bis 7 Millionen Franken betragen wird. Der genaue Betrag ist auch noch nicht bekannt, weil noch einzelne Arbeiten auszuführen sind. «Zum einen sollen noch zwei Schwemmholzrechen in die Emme gebaut werden und dann soll noch das Dorf Bumbach von der Emme her besser geschützt werden», erklärt Gerber.
Gemeinde muss Heliflug zahlen
Wer welche Kosten übernimmt, ist dabei nicht von Anfang an klar. «Schauen wir mal die Ersteinsatzkosten an», beginnt Beat Gerber zu erzählen. «Um sich rasch einen Überblick über die Situation zu verschaffen und auch, weil nicht klar war, wo sich drei Personen befinden, haben wir einen Helikopterflug gemacht. Dieser wurde nun von keiner Versicherung übernommen.» Auch die Kosten für den Securitas-Dienst, der das Areal des Kemmeribodenbads
bewachte – weil Schaulustige Gartenstühle und andere Dinge mitgehen liessen – muss die Gemeinde selber tragen. «Dann gibt es Dinge, die man überhaupt nicht versichern kann, wie die Bumbachstrasse», nennt er ein weiteres Beispiel. Hier galt es abzugrenzen, was zur Strasse gehört und was zum Verbau der Emme, bei der die Schwellenkorporation zuständig ist. «Wir konnten uns glücklicherweise rasch auf einen Kostenteiler einigen.» Die Gemeinde zahlt einen Drittel; zwei Drittel gehen an den Wasserbau. Die Schwellenkorporation Schangnau habe beim Kanton ein Härtefallgesuch eingereicht, weil die Kosten für den erneuten Verbau der Emme ihre finanziellen Möglichkeiten überschreiten würden. Mit Erfolg: Nun übernimmt der Kanton beim Wasserbau 85 Prozent der Kosten. Von den verbleibenden 15 Prozent werden die Hälfte durch die Anstösser bezahlt (Schwellentell) und die andere Hälfte wieder durch die Gemeinde.
«Keine einfachen Verhandlungen»
Auch im Gebiet Kemmeriboden, das die klar grössten Schäden aufwies, galt es einen Kostenteiler zu finden. «Hier waren gar vier Parteien beteiligt: die Schwellenkorporation Schangnau und der Kanton für den Wasserbau; die Strassengenossenschaft Kemmeriboden-Hübeli für die dortige Privatstrasse, die Einwohnergemeinde für den Postautowendeplatz sowie das Hotel Landgasthof Kemmeribodenbad als Grundeigentümerin. «Klar, waren das nicht einfache Verhandlungen», meint Beat Gerber. «Aber wir waren uns einig, dass es rasch vorwärts gehen muss. Unser Ziel war, dass das Kemmeribodenbad ein Jahr nach dem Unwetter wieder öffnen kann.» Trotz aller Unterstützung wird die 920-Seelen-Gemeinde am Ende mehrere hunderttausend Franken zu tragen haben. «Wir haben bei der Organisation Patenschaft für Berggemeinden ein Gesuch eingereicht», berichtet der Gemeindepräsident. «Wir wurden grosszügig
unterstützt und sind sehr dankbar dafür.»
Weniger Spenden als 2014
Auch bei Privaten sind nicht alle Schäden gedeckt. Bis Ende Juni konnten bei der Gemeindeverwaltung Gesuche eingereicht werden. Es seien einige eingegangen, doch die Gesamtzahl ist tiefer als nach dem Unwetter von 2014. Das sei wohl so, sagt Beat Gerber weiter, weil weniger Grundeigentümer Schäden zu beklagen gehabt haben und weil viele Liegenschaftsbesitzer bauliche Vorkehrungen getroffen und ihre Versicherungen angepasst hätten.
Die Gemeinde richtete nach dem Unwetter ein Spendenkonto ein. Es sei ein stolzer Betrag zusammengekommen, aber weit weniger als im Jahr 2014, bilanziert Beat Gerber. «Wir hoffen, dank der Spenden viele ungedeckte Schäden decken zu können.»