Traditionsbetrieb Kentaur braucht Platz

Traditionsbetrieb Kentaur braucht Platz
Die Kentaur Produktionsstätte in Lützelflüh – mit dem betroffenen Grundstück im Vordergrund. / Bild: Daniel Schweizer (sdl)
Lützelflüh: Die Firma Kentaur benötigt dringend mehr Platz für Spedition und Lager. Die Gemeindeversammlung stimmt am 27. Mai über die dazu nötige Arealentwicklung ab.

Lützelflüh ist nicht nur Gotthelf – Lützelflüh ist auch Kentaur. Unverwechselbar der würzig-schmackhafte Duft, der einem – je nach Windlage – auf der Velofahrt über den Bigel Richtung Lützelflüh in die Nase steigt. Andreas Hebeisen, Betriebsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung von Kentaur, klärt auf: Beim Kochen von Mais verdampft das süssliche Wasser, gelangt ins Freie und setzt diese für Lützelflüh so unverwechselbare Duftmarke. «Tatsächlich habe ich noch nie jemanden gehört, dem das Ganze stinkt», sagt Hebeisen und lacht.


Kurzes Zwischenspiel

Hebeisen blickt kurz zurück. «Seit elf Jahren produziert unser über hundertjähriges Unternehmen wieder unter dem Namen Kentaur.» Das einjährige Zwischenspiel unter dem Dach eines deutschen Grossproduzenten endete mit dessen Konkurs. Zu dritt hätten sie die Firma aus der Konkursmasse herausgekauft und produzierten wieder als selbständiges Unternehmen. Seither, so Hebeisen, gehe es wieder aufwärts. Im Vier-Schichten-Betrieb werden rund um die Uhr neben Cornflakes gepuffte Produkte aus Reis, Dinkel und anderen Getreiden produziert. Beim Puffing wird das Getreide nach einem Vorwärmeprozess innert weniger als einer Minute zehn Mal vergrössert (ausgedehnt) und so zum konsumfertigen Verzehr produziert.


Nischenplayer im umkämpften Markt

«Wir produzieren nur Eigenmarken für Endabnehmer im In- und Ausland», sagt Andreas Hebeisen. Unter der Marke Kentaur werde nichts mehr hergestellt. Grossabnehmer in der Schweiz seien die bekannten Detailhändler. Siebzig Prozent des Absatzes erfolge jedoch im Ausland, hauptsächlich in Europa. Selbstverständlich habe das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein bei den Konsumenten auch Auswirkungen auf ihren Betrieb, erklärt der Betriebsleiter. Tatsächlich sei der Markt mit gesüssten Produkten regelrecht eingebrochen. «Unser Vorteil ist jedoch, dass wir neben Bioprodukten auch glutenfreie Produkte im Angebot haben. Dank dieser Nische können wir uns im hart umkämpften Cerealienmarkt behaupten.» Ein weiterer Erfolgsfaktor sei, Kleinstmengen anbieten zu können. Wegen dieser Flexibilität habe Kentaur zahlreiche kleinere Abnehmer finden können.

Der Erfolg habe aber auch seine Kehrseiten, räumt Hebeisen ein. «In den letzten vier Jahren konnte man die Produktion von 10´000 Tonnen auf 13´000 Tonnen steigern. Wir brauchen somit dringend mehr Platz für unsere Speditions- und Lagerhallen. Wir platzen aus allen Nähten und mussten teure Aussenlager zumieten.» Mit der geplanten Arealentwicklung im Bereich des bestehenden Produktionsstandortes  (siehe Kasten) sollen Lager sowie die dort eingesetzten Mitarbeitenden zurück nach Lützelflüh geführt werden. «Denn Kentaur ist lokal verwurzelt. Die knapp hundert Mitarbeitenden kommen fast ausnahmslos aus der Region und tragen unsere Werte mit», betont Hebeisen.


Künftig mit Holzenergie?

Eine weitere Ungewissheit bestehe, womit künftig der hohe Energiebedarf in der Produktion gedeckt werden soll. Aktuell würden die Anlagen noch mit Gas betrieben. Aber es werde geprüft, in Zukunft auf Holz als Energieträger zu setzen. «In diesem Fall», so Hebeisen, «benötigten wir dafür den notwendigen Platz und die entsprechenden Landreserven.» Das Geschäft kommt am 27. Mai vor die Gemeindeversammlung. Hebeisen ist zuversichtlich. Man kenne sich ja im Dorf; er habe mit zahlreichen Leuten gesprochen, habe den Gewerbeverein hinter sich. «Nein, es gibt kein Nein!»

Schön, wenn auch weiterhin der würzige Duft über dem Gotthelfdorf schwebt.

Arealentwicklung Kentaur kommt an die GV

Aktuell läuft in Lützelflüh eine Gesamtrevision der Ortsplanung. Der Gemeinderat hat in Absprache mit dem kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung entschieden, die Arealentwicklung Kentaur, bestehend aus Ein-, Aus- und Aufzonungen, von der Gesamtrevision loszulösen. Dieser Entscheid sei aufgrund der entstandenen Verzögerung bei der Gesamtrevision gefällt worden, ist den Unterlagen der Gemeinde zu ent-nehmen.

Die Arbeiten an der Betriebserweiterung der Kentaur sind so weit fortgeschritten, dass diese inzwischen öffentlich aufgelegen werden konnten und an der Gemeindeversammlung vom 27. Mai zur Abstimmung gebracht werden. Die vorgesehene Erweiterung des Betriebsareals umfasst 5915 Quadratmeter östlich des aktuellen Produktionsstandorts. Ebenfalls Bestandteil der Anpassung ist eine Auszonung im Westen des Areals, welche 1286 Quadratmeter umfasst. Darüber hinaus sollen die bestehenden Arbeitszonen teilweise aufgezont werden, um den betrieblichen Bedürfnissen der Kentaur AG besser gerecht zu werden.

Der Neubau mit neuen Produktionslinien, Packerei und Logistik soll in den nächsten drei bis fünf Jahren (abhängig von der Rechtskraft der Einzonung) realisiert werden.

23.05.2024 :: Daniel Schweizer (sdl)