Julia, Nadja und Guido Wicki (von links) vor einem ihrer neuen Walzenstühle. / Bild: zvg
Schüpfheim: Die Wicki Mühle AG zeigte am Mühletag vergangenen Samstag, was beim grossen
Umbau alles angepasst wurde. Die Mühle ist seit 115 Jahren in Besitz der Familie Wicki.
Seit zirka 700 Jahren wird in der «Chratzere» Getreide zu Mehl gemahlen. Jahrhundertelang trieb das Wasser der kanalisierten Wiss-Emme ein Wasserrad an, dieses bewegte den Mühlstein. Bauern aus der Umge-bung brachten in kleinen Chargen ihre Jahresernte an Getreide zum Mahlen, Mühleknechte trugen die schweren Säcke in den obersten Stock und schütteten die Körner in den Mahltrichter. Und heute?
Über 30 Mehlmischungen
«Wir dürfen uns als eine der modernsten Kleinmühlen der Schweiz bezeichnen», sagt Guido Wicki, der das Unternehmen in vierter Generation leitet. Seit 115 Jahren ist die Mühle im Besitz der Familie Wicki, die ursprünglich aus dem Sägerei-Gewerbe stammte und fast ein bisschen zufällig den Einstieg in die Müllerei fand. Aus der Kundenmühle ist eine vielseitige Handelsmühle geworden, die über 30 verschiedene Mehlmischungen und eine Vielzahl an Futtermitteln herstellt. «Im Entlebuch ist seit dem Zweiten Weltkrieg der Getreideanbau fast vollständig verschwunden», erzählt Wicki. «Wir sind als einzige Mühle in der Region übriggeblieben und mahlen natürlich auch die kleine Menge an einheimischem Urdinkel, der hier zu Biosphäre-Produkten verarbeitet wird, etwa zu den bekannten Fidirulla-Teigwaren.»
Getreide aus dem Kanton Luzern
Die Wicki-Mühle braucht für ihre verschiedenen Mehle zu 100 Prozent Schweizer Getreide, «genauer gesagt: Luzerner Getreide», sagt Guido Wicki und lacht. Die Mehle werden durch die Migros Zentralschweiz als regionale Spezialität vermarktet, daneben werden in weitem Umkreis Bäckereien und Grossküchen beliefert. Im Mühlelädeli wartet ein reiches Sortiment auf die private Kundschaft. «Neben den verschiedensten Mehlsorten aus Weizen, Dinkel und Roggen bieten wir seit ein paar Jahren auch fertige Kuchenmischungen an, so etwa eine Lebkuchen-Mischung. Da muss man vor dem Backen bloss noch Süssmost und Rahm beifügen, und danach gut rühren», erklärt Julia Wicki, die
als Müllermeisterin im Betrieb die nächste Generation vertritt.
Umbau vor einem Jahr
Auf einem Gang durch die Etagen der Mühle erklärt sie die beim Umbau erneuerte Mahleinrichtung: die neusten Modelle an Walzenstühlen, ein unüberschaubares System an Röhren, worin die Zwischenprodukte und das fertige Mehl hochgesogen werden oder zum neuerlichen Mahlen wieder hinunterfallen, dann den Sichter im obersten Stockwerk, der durch seine Rüttelbewegungen Mehl, Dunst, Griess und Kleie voneinander trennt. «Alles ist bis ins Letzte computergesteuert», sagt Julia Wicki. Braucht es da den Handwerker, den Fachmann oder die Fachfrau überhaupt noch? «Ja», betont die Müllerin, «er oder sie erklärt dem Computer, welche Weizenmischung gemahlen werden soll, oder wie die Walzen eingestellt sein müssen. Natürlich, das A und O eines guten Mehls ist gutes Getreide, und das haben wir Müller nur zum Teil in der Hand.» Mengenmässig deutlich grösser ist der Ausstoss an Futtermitteln, die auf separaten Systemen produziert werden. Futtergetreide müssten sie zu 60 Prozent importieren, das meiste aus dem angrenzenden Ausland. «Wir beziehen die Rohstoffe bei der Firma Agrokommerz, die seit kurzem in Schüpfheim ihren Hauptsitz hat», erklärt Wicki.
Wasser treibt Generator an
Zehn Mitarbeiter betreiben die Mühle in zwei Schichten. «Da wir im gleichen Gebäude wohnen, kann ich die Mühle auch nach Feierabend überwachen», sagt Guido Wicki. Er setzt sich auch gerne selber ans Steuer eines Lastwagens oder Mehltankwagens, um die Produkte an die Kundschaft auszuliefern. Wie in alten Tagen dreht sich nostalgisch das eiserne Wasserrad. Das Wasser der Wiss Emme treibt aber über ein Getriebe auch einen Generator an. «So produzieren wir immerhin etwa zehn Prozent unseres Strombedarfs selber», rechnet Guido Wicki vor. Er blickt zuversichtlich in die Zukunft. Brot wird auch in den nächsten Jahrzehnten gebacken werden, und regionale Produkte sind gefragter denn je.