«Ich liebe es, wenn jemand reklamiert»

«Ich liebe es, wenn jemand reklamiert»
Was sie tut, tut sie mit Herz: Zita Langenstein. / Bild: zvg
Emmental: Als Butler hat Zita Langenstein der Queen den Tee serviert. Nun ist sie am Emmentaler Tourismusgipfel aufgetreten und hat erzählt, wie man am besten mit Kritik umgeht.

Andere Kinder träumen davon, später mal Pilot zu werden. Oder Tierärztin. Oder Feuerwehrmann. Zita Langenstein dagegen sagte schon als Sechsjährige zu ihrer Mutter: «Ich möchte Butler werden.» Ob sich ihr Traum erfüllt, war lange ungewiss. Als junge Frau bewarb sich Langenstein zum ersten Mal für eine Aufnahme an einer renommierten Butler-Schule in London – und bekam eine Absage. Dann bewarb sie sich wieder, Jahr für Jahr, aber jedes Mal erfolglos. Die Absagen waren, typisch englisch halt, jedes Mal sehr freundlich formuliert, die Begründungen sehr unterschiedlich. «Es dauerte ziemlich lange, bis ich den wahren Grund begriffen habe: Dass die Butler-Ausbildung ausschliesslich Männern offensteht.» Irgendwann beschloss die Butler-Schule doch noch, auch Frauen aufzunehmen. Sofort kam Zita Langenstein zum Zug, machte die Ausbildung – und stand schliesslich auch im Dienst der Queen. Aber dazu später.


Aussergewöhnliche Leistung

Zita Langenstein ist 61-jährig. Hauptberuflich arbeitet sie heute als Leiterin Weiterbildung bei Gastro Suisse. Butler zu sein, ist ihr Hobby. Zudem gibt sie Seminare, berät Unternehmen und hält Vorträge. Diese Woche ist «Zita the Butler», wie sie sich nennt, am Emmentaler Tourismusgipfel in Ersigen aufgetreten. Im Publikum sitzen Gastronominnen, Behördenvertreter und weitere Leute, die direkt oder indirekt mit dem Tourismus zu tun haben. Eine Stunde lang hängen sie Langenstein an den Lippen, lachen und nicken zustimmend. Aufgewachsen ist Zita Langenstein, das hört man ihrem Dialekt noch heute an, im Kanton Nidwalden. Sie machte zwei Berufslehren im Gast­gewerbe, liess sich unter anderem in New York zur Taxichauffeurin ausbilden und arbeitete in den unterschiedlichsten Ländern der Welt. Dabei erlebte sie immer wieder, was eine gute Dienstleistung auszeichnet, was einen Kunden zufriedenstellt: «Man muss Gewöhnliches aussergewöhnlich gut machen», sagt sie. Und: «Man muss mit dem Herz dabei sein.»


Schwierige Kundschaft

Wie in vielen anderen Dienstleistungssektoren sei die Kundschaft auch in der Gastronomie und Hotel­lerie anspruchsvoller geworden, sagt Zita Langenstein. Sie ist überzeugt: Der Anteil der schwierigen Kunden – im Butler-Jargon «Adventurous Customers» (abenteuerlustige Kunden) genannt – wird weiter steigen. Entmutigen lässt sich Langenstein deswegen nicht. Im Gegenteil. «Ich liebe es, wenn jemand reklamiert!», sagt sie. Die Zuhörerinnen und Zuhörer machen erstaunte Gesichter. «Zita the Butler» ist sich diese Reaktion gewohnt und fährt fort: «Wenn ein Kunde reklamiert und wir positiv damit umgehen, können wir sehr viel gewinnen.» Dann fühle sich der Kunde ernst genommen, gehe zufrieden nach Hause – je nachdem sogar zufriedener als Kunden, die nicht reklamiert haben.

Doch wie geht man positiv mit Reklamationen um? Die Grundvoraussetzung sei, eine Kritik nicht als lästig anzusehen, sondern als Chance, antwortet «Zita the Butler». Die Körperhaltung im Gespräch mit dem reklamierenden Kunden – nicht gebückt, sondern aufrecht – sei ebenso wichtig wie die Wortwahl. «Jemanden ehrlich um Entschuldigung zu bitten, ist besser als ein simples ‹Sorry!›»


Einfallsreiche Queen

Zita Langenstein weiss noch viel mehr zu erzählen. Zum Beispiel, wie man an der Butler-Schule lerne, einen Schaumwein mit einem Säbel zu köpfen. Oder wie man eine Zeitung präpariert, dass kein einziges Fältchen den Lesefluss stört. Ganz einfach: Man bügelt sie. Zum Abschluss der Butler-Ausbildung gibt es eine strenge Prüfung. Zita Langenstein schloss diese mit Bestnote ab. Als Belohnung durfte sie der Queen zu deren 80. Geburtstag den «Afternoon Tea» servieren. Sie kreierte dafür eigens einen «Tea Swiss Style» mit Zutaten aus hiesigen Landen. Der Königin hat der Trank so

gut gemundet, dass «Zita the Butler» fortan jedes Jahr am Geburtstag von Queen Elizabeth den «Afternoon Tea» servieren konnte und auch sonst regelmässig im britischen Königshaus tätig war. Dies wird sie übrigens auch bei King Charles bleiben. Die Queen sei eine anspruchsvolle Chefin gewesen, eine, die klare Aufträge gegeben habe. Eine Frau aber auch, die ihr Gegenüber nie brüskiert habe, erzählt Zita Langenstein. So war einmal das saudi-arabische Staatsoberhaupt mit seiner Entourage zu Gast im Königshaus. Das Tischgedeck beinhaltete auch eine Fingerbowle, eine Schale gefüllt mit Wasser und einem Tüchlein, mit dem sich die Gäste die Hände hätten waschen können. Die Saudis waren aber offenbar durstig und tranken die Schale aus. Und was tat die Queen? Sie rieb den Saudis den Fehler nicht unter die Nase – sondern trank die Fingerbowle ebenfalls aus.

Ein gutes Jahr für den Tourismus

Am Tourismusgipfel hielt Isabelle Hollenstein, Leiterin von Emmental Tourismus, Rückblick aufs 2023. Die neuen E-Bike-Herzschlaufen «Gotthelf» und «Langnau» seien erfolgreich angelaufen, ebenso die neue Buslinie vom Emmental über den Schallenberg nach Thun. Diese verzeichnete im ersten Betriebsjahr fast 10´000 Fahrgäste – doppelt so viele wie erwartet. Auch im kommenden Jahr wartet Emmental Tourismus mit Neuerungen auf: unter anderem mit der Plattform «Schulreiseland Emmental», einer Online-Planungs-hilfe für Lehrpersonen.

29.02.2024 :: Markus Zahno (maz)