Der ehemalige Topscorer steht jetzt an der Bande – mit Erfolg

Der ehemalige Topscorer steht jetzt an der Bande – mit Erfolg
Daniel Steiner im Büro bei der Arbeit als Trainer des EHC Thun. / Bild: Peter Eggimann (ped)
Eishockey: Daniel Steiner steht an der Bande des EHC Thun und gehört zum Trainerteam der U17 Nati. Als Coach setzt er auf dieselben Tugenden wie als Spieler: Wille und Ehrgeiz.

In der Saison 2008/09 wars. Der beste Goalgetter der SCL Tigers war Daniel Steiner mit 24 Toren in 50 Qualifikationsspielen noch vor den Kanadiern Jeff Toms (16) und Martin Kariya (15) sowie Mathias Joggi (14). Seither kamen von den Schweizer Tigers-Spielern nur noch Simon Moser (Saison 2011/12) und Thomas Nüssli (2016/17) mit je 18 Toren in die Nähe der Bestmarke von Steiner.

Dieser stürmte insgesamt acht Saisons für die Emmentaler und er ist immer noch ihr Topscorer im Playoff-Zeitalter seit 1985/86. Mit 226 Punkten liegt er auf Platz 1 vor Todd Elik (CAN; 190 Punkte in 5 Saisons), Harri Pesonen (FIN; 181/5) und Chris DiDomenico (CAN; 180/6). «Das Ranking ist nicht ganz fair», sagt «Stoney». «Ich habe mehr Saisons und Spiele als die genannten Ausländer, deshalb liege ich auch an der Spitze. Aber», fügt er schmunzelnd hinzu, «schön ist ein Blick auf diese Topscorerliste trotzdem.»


Eishockey lässt ihn nicht mehr los

Heute vor fast auf den Tag genau sechs Jahren, am 22. Dezember 2017, hat Daniel Steiner seine Karriere als Eishockeyprofi beendet. Im Heimspiel des Swiss-League-Teams von Thurgau gegen Bellinzona und mit einem allerletzten Assist 24 Sekunden vor Schluss zum 5:0-Sieg.

Endstation nach einer langen und ereignisreichen «Tour de Suisse» mit 17 NLA-Meisterschaften für Langnau (8), ZSC, Lugano, Ambri (je 2), Rapperswil, Biel und Fribourg (je 1). In all den Jahren gewann er keinen Titel, ein Höhepunkt war die Playoff-Qualifikation 2011 mit den Langnauern.

«Der Abschied damals mit Thurgau war schon sehr emotional», erinnert sich Daniel Steiner. «Mir wurde je länger desto deutlicher bewusst, das wars jetzt.» War es aber noch lange nicht. «Eishockey ist und bleibt mein Leben. Ich bin ein Eishockey-Verrückter», erklärt er seine Rückkehr aufs Glatteis.


Headcoach des EHC Thun

Mit einem Angebot in der Region Thun begann Steiner die Ausbildung zum Eishockeytrainer und ist seit letzter Saison Headcoach des EHC Thun. Ein erfolgreicher, wie die Zwischenbilanz nach anderthalb Jahren zeigt: 2022/23 Platz 1 in der Qualifikation und im Playoff konnten die Oberländer erst im Final von Martigny gebremst werden.

In dieser Saison befinden sie sich erneut auf Playoffkurs und haben im National Cup mit Bellinzona (4:2) und den GCK Lions (5:4 nach einem 2:4-Rückstand zehn Minuten vor Schluss) zwei Swiss-League-Mannschaften überraschend aus dem Wettbewerb geworfen. Gestern Abend nach Redaktionsschluss stand der Cup-Halbfinal gegen Leader Basel auf dem Programm.


In Vierumäki mit Thun verbunden

Daniel Steiner hat den Cuphalbfinal nicht live an der Bande in der Kunsteisbahn Grabengut verfolgt, sondern dank TV-Streaming im finnischen Vierumäki. Zudem hatte er die Möglichkeit, die eine oder andere Anweisung per Handy direkt ins Thuner Stadion zu geben. In Vierumäki unterstützt er als Assistent den Schweizer U17-Nationaltrainer Fabio Schumacher beim Fünfländerturnier gegen Schweden, Tschechien, die Slowakei und die Gastgeber.

«Ich habe von den Verantwortlichen des EHC Thun grünes Licht erhalten», stellt Steiner klar. «Die Anfrage für das Turnier in Vierumäki kam zu einem Zeitpunkt, als wir noch nicht als Cuphalbfinalisten feststanden. Ich bin der Klubleitung dankbar, dass sie meine Weiterentwicklung als Assistenzcoach der Schweizer U17-Junioren unterstützen.»


Lieber Risiko als Sicherheit

Es ist unschwer zu erkennen – wie als Spieler hat Steiner auch als Trainer den Vorwärtsgang eingeschaltet. «Ich will immer weiterkommen, bin mit dem Erreichten nie zufrieden. Ich stecke mir hohe Ziele ohne Angst vor einem möglichen Scheitern zu haben. Das ist ein Risiko, dass weiss ich, aber Risiko ist mir lieber als Sicherheit.»

Steiner war als Spieler kein Talent. Aber er hat sich mit einer Riesenportion Willen, Ehrgeiz und Eigeninitiative immer wieder durchgebissen und entwickelte sich zu einem der torgefährlichsten Schweizer Stürmer. Er hat viel mehr erreicht, als ihm zugetraut wurde. Am meisten vertraute er sich selber, wollte seine eigenen Grenzen kennen lernen – die Grenzen des Daniel Steiner.

In einer Saison in neun Teams

Wer wissen will wie Daniel Steiner leibt und lebt, weshalb Eishockey sein Leben ist und er sich selbst als «Eishockey-Verrückten» bezeichnet, der werfe einen Blick auf die Saison 2009/10. Als Topscorer verliess er Langnau und tauschte einen sehr gut dotierten Vertrag vorzeitig gegen ein Nordamerika-Abenteuer voller Ungewissheiten, Rückschlägen, Umwegen und riesiger Konkurrenz ein.

Auf die Saison bereitete er sich im Emmental, bei Servette und Langenthal vor. Auf Einladung des NHL-Klubs Columbus nahm er als Probespieler am Trainingscamp teil und kämpfte sich bis zu einem Testspiel gegen Minnesota durch. Erst bei der dritten Reduktion des Kaders von anfänglich 72 auf 38 schied Steiner aus und wurde ins AHL-Farmteam Syracuse geschickt. Von dort ging das Abenteuer weiter nach Adirondack und Rochester (beide AHL) sowie Reading (East Coast Hockey League). Dazwischen kehrte er in die Schweiz zurück, um mit Mannheim am Spenglercup teilzunehmen. Neun Mannschaften in acht Monaten.
Hat es sich gelohnt? Steiner: «Keine Frage.» Er sei stolz, dass er sich durchgebissen und sich seinen Bubentraum erfüllt habe. «Diesen Traum», erinnert er sich lachend, «hatte ich schon als Moskito beim EHC Burgdorf. ‹Einmal will ich in der NHL spielen›, plagierte ich in der Kabine. Für meine grosse Klappe erhielt ich von meinen Mannschaftskameraden prompt eine Tracht Prügel.»

29.12.2023 :: Werner Haller (whz)