Die beiden Amtsältesten freuen sich auf ihre neue Aufgabe in Bern

Die beiden Amtsältesten freuen sich auf ihre neue Aufgabe in Bern
Vroni Thalmann und Pius Kaufmann kehren Luzern den Rücken und fahren künftig ins Bundeshaus nach Bern. / Bild: zvg
Entlebuch: Wahlchancen wurden beiden eingeräumt, beide haben sie gepackt. Vroni Thalmann aus Flühli und Pius Kaufmann aus Wiggen wechseln vom Kantonsrats- in den Nationalratssaal.

Trotz der Freude über ihre Wahl in den Nationalrat und einer entsprechenden Feier am Sonntagabend vernachlässigten weder Vroni Thalmann noch Pius Kaufmann ihre Pflichten im Luzerner Kantonsrat. Am Montagmorgen sassen sie schon wieder im Kantonsratssaal in Luzern, wo die Herbstsession begann; es ist ihre letzte. Sowohl der Mitte-Politiker aus Wiggen als auch die SVP-Politikerin aus Flühli traten am Dienstag aus dem Kantonsrat zurück. 16 Jahre gehörten sie diesem an und sind somit die amtsältesten Mitglieder. Ein bisschen Wehmut schwingt beim Abschied schon mit. «In dieser langen Zeit hat man viele Freunde über die Parteigrenzen hinweg gewonnen», sagt Pius Kaufmann. Doch man werde sich bestimmt in irgend einer Form wieder treffen. Sowieso überwiegt sowohl bei ihm als auch bei Vroni Thalmann die Freude.


Sie im dritten, er im ersten Anlauf

Vroni Thalmann bezeichnet ihre Wahl als grosse Genugtuung. «Es beweist, dass man mit Ausdauer und Einsatz an sein Ziel gelangen kann.» Sie hat besonders in ihrem Jahr als Präsidentin des Kantonsrats unzählige Anlässe besucht. «Der direkte Kontakt zu den Leuten ist wichtig», sagt sie. Und diesmal sei auch das Glück auf ihrer Seite gestanden. Es ist nämlich nicht das erste Mal, dass Thalmann für den Nationalrat kandidiert hat. 2015 fehlten ihr knapp 700 Stimmen, 2019 waren es nur 109. Und jetzt hatte sie einen Vorsprung von 265 Stimmen auf ihren Parteikollegen Bernhard Steiner aus Entlebuch. «Schade, konnte die SVP nicht einen dritten Sitz holen, dann hätte er es auch geschafft.»

Keine Anlaufschwierigkeiten hatte Pius Kaufmann. Er trat das erste Mal zu nationalen Wahlen an und belegte auf der Liste der Mitte auf Anhieb den dritten Platz mit einem Vorsprung von 4849 Stimmen. Er verfüge über ein breites Netzwerk, sei beispielsweise aus beruflichen Gründen in zahlreichen überregionalen Verbänden und Organisationen vertreten, nennt er Gründe für sein gutes Abschneiden. Und auch im Sport, insbesondere im Schwingen, sei er bekannt als ehemaliger Aktiver und früherer Präsident des Entlebucher und des Kantonalen Schwingerverbandes.


Angespannt und sportlich

Die Gefühlslage am letzten Sonntag war bei Vroni Thalmann und Pius Kaufmann denn auch unterschiedlich. Die 54-Jährige musste bis zuletzt zittern. «Ja, ich war sehr angespannt», gibt sie zu. Entsprechend gross war die Erleichterung, als das Resultat definitiv feststand. Somit erübrigt sich auch die Frage, ob sie im Falle einer Nichtwahl die Energie für eine erneute Kandidatur in vier Jahren noch einmal aufgebracht hätte.

Pius Kaufmann rechnete sich zwar Wahlchancen aus, wusste aber, dass es nicht einfach werden würde mit zwei Bisherigen auf der Liste. Es sei ja nicht sicher gewesen, dass die Mitte Luzern wieder drei Sitze mache. Trotzdem fühlte sich der 52-Jährige am Wahltag nicht besonders nervös. «Am Samstagabend konnte ich mir sagen: Ich habe mein Bestes gegeben. Ab jetzt nehme ich es sportlich.»


Veränderungen stehen an

Ein Freudentag wurde es schlussendlich für beide. Der 22. Oktober markiert aber auch ein neues Kapitel. Denn der Rücktritt aus dem Kantonsrat ist nicht die einzige Veränderung im Leben der beiden frisch Gewählten. Beruflich werden sie ihre Pensen anpassen. Thalmann ist Bäuerin und Sozialvorsteherin der Gemeinde Flühli, Kaufmann Gemeindeammann von Escholzmatt-Marbach. «Mit dem neuen Gemeindeführungsmodell werde ich das Pensum von heute 30 auf 15 bis 20 Prozent reduzieren können», sagt Thalmann. Obwohl es ihr in der Gemeindepolitik auch nach 20 Jahren noch immer gut gefalle, überlege sie sich, in ein, zwei Jahren zurückzutreten. Bereits klar ist, dass ihre Familie sie auf dem Landwirtschaftsbetrieb stark entlasten wird. «Das haben wir schon im Vorfeld besprochen», erklärt die Bäuerin.

Pius Kaufmann wird sein 95-Prozent-Pensum bei der Gemeinde reduzieren. Auch in Escholzmatt-Marbach stehe eine Reorganisation an, weshalb er gewisse Aufgaben werde abgeben können, erklärt Kaufmann. Die Details müssten sie noch klären. Obwohl er sich künftig mit nationalen Geschäften befassen werde, liege ihm die Gemeinde nach wie vor am Herzen.


Neue Aufgaben, neues Umfeld

Thalmann und Kaufmann freuen sich darauf, neue Aufgaben anzupacken und sie sind gespannt auf das Umfeld im Bundeshaus. Man müsse sich ein neues Netzwerk aufbauen im Parlament, in der Verwaltung. Und es brauche Flexibilität. Beide wissen noch nicht, in welcher Kommission sie mitwirken werden. «Als Neue müssen wir den Bisherigen natürlich den Vortritt lassen.» Klar ist ihnen bereits, dass sie auch für die Interessen des Entlebuchs und generell des ländlichen Raums in Bern eintreten werden. Und da wollen sie zusammenstehen, die SVP-Frau und der Mitte-Mann.

26.10.2023 :: Silvia Wullschläger (sws)