Grosser Wandel, Faszination ist geblieben

Grosser Wandel, Faszination ist geblieben
Engagieren sich seit Jahrzenten im Reitverein Schangnau: Daniel Oberli (Präsident) und Christian Oberli (Kassier). / Bild: Karin Rohrer (krr)
Schangnau: 1923 versammelten sich in der Wirtschaft Alpenrose zehn Männer, um die Statuten zu erstellen und den Reitverein Schangnau zu gründen. Seither hat sich einiges geändert.

Auch wenn das Reiten nicht mehr militärischen Grundsätzen unterliegt, die Kameradschaft ist geblieben. Die Jubiläumsfeier fand diesen Sommer auf der Alp Sammligen am Hilferenpass statt, und rund 50 Personen feierten das 100-jährige Bestehen des Reitvereins Schangnau. Grund genug, einen Blick auf die Anfänge des Vereins zu werfen – und zwar mit Daniel und Christian Oberli. Die beiden sind dem Verein seit vielen Jahren treu verbunden. Daniel Oberli hat 1970 das Präsidium übernommen, dieses nach rund zehn Jahren abgegeben und ist seit letztem Jahr wieder im Amt. Der 76-Jährige hat nachgerechnet: «In den 100 Jahren waren es 19 Personen, die das Präsidenten-Amt ausgeübt haben.»  Auch Christian Oberli war bereits 1985 Kassier des Vereins, ist nun nach Unterbrüchen auch wieder im Amt und dies mit 83 Jahren. «Der Jahresbeitrag begann mit fünf Franken und ist nun, nach 100 Jahren, auf 20 Franken angesetzt», erklärt der Kassier.


Pflicht- und Ehrgefühl

Der erste Präsident hiess Fritz Gerber und der Sekretär Daniel Gerber. Nach zwei Jahren kehrten die Brüder «den Spiess» und wechselten die Vorstandsämter. Gleich geblieben in diesen hundert Jahren ist die Vorgabe, dass eine Amtsdauer im Vorstand für zwei Jahre gilt. Aber die meisten der Statuten-Inhalte von 1924 haben sich verändert. So wurden als Aktivmitglieder nur Kavalleristen aufgenommen und keine Privatreiter. Sie hatten ein Eintrittsgeld von fünf Franken zu entrichten und ein jährliches Unterhaltsgeld von drei Franken. Der Vereinsaustritt war ebenfalls mit einer Zahlung verbunden, und zwar von 20 Franken. Ab der Vereinsgründung bis ins Jahr 1951 waren die Reitübungen in Schangnau Pflicht. Die Reiter hatten sich für die acht obligatorischen Reitübungen pro Jahr zur befohlenen Zeit am Versammlungsort einzufinden. Verspätungen zogen eine Busse von einem Franken mit sich. Der Übungsleiter erteilte den Befehl zum Abmarsch, gab Direktion, Gangart und Tempo an, wie auch die Fütterung der Pferde. In den Statuten stand gross geschrieben: «Ein jedes Mitglied soll ein Pflicht- und Ehrgefühl haben, das Ansehen des Vereins zu fördern.» 


HV trotz Krieg abgehalten

1874 war in der Schweizer Armee die Kavallerie 3500 Mann stark. Dieser Bestand verdoppelte sich fast bis 1924, sank jedoch wieder und vor der Abschaffung der Kavallerie im Jahr 1972 waren es noch 3400 Mann, eingeteilt in 18 Dragoner-Schwadronen. Als Dragoner bezeichnete man ursprünglich die berittene Infanterie, die ihre Pferde primär zum Transport, nicht aber für den Kampf verwendete. 

«In den Vierzigerjahren sind aus dem Reitverein Schangnau 32 Berittene miteinander eingerückt, dennoch konnten von 1940 bis 1950 während des Krieges alle Hauptversammlungen des Vereins durchgeführt werden, halt jeweils nur mit fünf bis sieben Anwesenden», weiss Daniel Oberli. 1951 fand die erste Springkonkurrenz im Kemmeriboden statt und im Turnus mit drei anderen Vereinen wurden danach regelmässig Springen organisiert. 1967 kamen vier neue Mitglieder von Marbach in den Verein und fortan nannte sich dieser «Reitverein Schangnau und Umgebung». Der Namen änderte 1991 erneut und seither gilt «Reit- und Fahrverein Schangnau und Umgebung».


Auflösung der Kavallerie

«1970 wurde aus der Versammlung der Wunsch geäussert, eine Standarte für den Verein anzuschaffen. Dies wurde gutgeheissen und gleich mit einem Standarten-Springen gebührend gefeiert», erzählt Daniel Oberli. Da 1972 die Kavallerie aufgehoben wurde, kam es auch im Schangnauer Verein zu einem Stillstand und 1981 gab es einen Diskussionsabend, wie es weitergehen soll. «Es wurde bestimmt, dass ab sofort auch Train-Soldaten und Privatreiter dem Verein beitreten können. Dies ergab einen grossen Zuwachs im Verein», erläutert Daniel Oberli. Als keine Springprüfungen mehr durchgeführt wurden, fand dafür im Jahr 1985 das erste Fahrturnier in Schangnau statt. Später wurde auf die Organisation von Patrouillenritten gewechselt, da mittlerweile die Frauen einen beträchtlichen Anteil der Mitglieder ausmachten. Reisen und Zweitagesritte wurden durchgeführt, an den Bauernrennen in Schwarzenburg teilgenommen oder gesellige Anlässe genossen. Noch heute schickt der Verein jährlich eine Delegation an das traditionelle Luegschiessen des ZKV, so manche Plakette und Gruppenauszeichnung wurde geholt. 

Das Skijöring fand grossen Anklang und soll wieder durchgeführt werden. Und der Reiterjass hat einen hohen Stellenwert im Verein, dem momentan 45 Aktivmitglieder beiwohnen, davon rund die Hälfte noch ehemalige Dragoner. «Aktiv am Reiten sind nicht mehr viele, aber einige züchten Pferde oder haben Kinder und Enkel, welche dem Reiten frönen», erzählt Daniel Oberli.

21.09.2023 :: Karin Rohrer (krr)