Die Faszination der stehenden Welle

Die Faszination der stehenden Welle
Anna Lemann im Element: Mit ihrem Surfbrett inmitten einer Welle. / Jonathan Marchal / Bild: zvg
Surfen: Die Langnauerin Anna Lemann gehört zu den besten Fluss-Surferinnen der Schweiz. Die amtierende Schweizermeisterin erklärt, woher ihre Begeisterung für die Sportart kommt.

Inmitten der Altstadt von Thun befinden sich die Scherzlig- und Mühleschleuse. Beide Spots bieten Wellenreitern perfekte Bedingungen, um auf der Aare zu surfen und dem sogenannten Flusssurfen nachzugehen. Die Flusswelle bei der Mühle wird aufgrund ihrer Mächtigkeit von den einheimischen Surfern auch «Monster» genannt. Im Gegensatz zur sanfteren Scherzligschleuse eignet sie sich nur für geübte Flusssurfer.

Einmal pro Jahr verwandelt sich die Gegend um diesen magischen Ort im Berner Oberland in eine Surfarena, wo Surfer beim River Surf Jam ihre Bestleistung zeigen. Mittendrin ist dabei die ursprünglich aus Langnau stammende Anna Lemann. Letztes Jahr wurde sie auf der Thuner Welle zur ersten Schweizermeisterin im Flusssurfen gekrönt. Am Wochenende fand der Event bei perfektem Wetter und vor vielen Zuschauern erneut statt – und wieder konnte Anna Lemann gewinnen.

Wettkämpfe werden grösser

Jährlich finden schweizweit ungefähr eine Handvoll Surfwettkämpfe statt. Der Contest in Thun, bekannt als «Jam,» ist dabei ein besonderes Highlight in der Schweizer Flusssurf-Szene. Hier geht es vor allem darum, Zeit auf dem Wasser zu verbringen und sich gegenseitig zu bewerten; eine Praxis, die als Rider Judging bekannt ist. Die Wettkämpfe sind in letzter Zeit grösser geworden. Lemann sagt: «Früher sind wir sogar mit den Männern mitgefahren. Mittlerweile sind aber auch immer mehr Frauen auf dem Wasser.» Neben Thun sind auch Bremgarten mit der Reuss sowie Zürich, Sion und Luzern mit ihren künstlichen Wellen beliebte Orte für Surfer.

Beim Flusssurfen wird die kraftvolle Strömung des Flusses als natürliche Energiequelle genutzt. Nebst der Höhe der Wellen spielt die Wassermenge und die Untergrundbeschaffung eine entscheidende Rolle, damit sich stehende Wellen bilden. Durch die Strömung des Wassers treibt das Surfbrett auf, während die Welle es den Surfern ermöglicht, an einem Ort zu surfen. Grundsätzlich sind die Bewegungen beim Flusssurfen denen beim Wellenreiten auf dem Meer ähnlich. Der grösste Unterschied ist jedoch, dass beim Surfen auf dem Fluss gegen die Strömung gefahren wird.

Vom Meer in den Fluss

Mittlerweile in Bern ansässig, hat Anna Lemann eine beeindruckende sportliche Geschichte, die von Snowboarden über Wellensurfen bis hin zum Flusssurfen reicht. Ursprünglich im Meer unterwegs, entdeckte die Oberstufenlehrerin durch ihren Kollegenkreis vor einigen Jahren das Flusssurfen in Thun für sich. Seit einigen Jahren surft sie nun schon regelmässig auch in der Schweiz und bestreitet Wettkämpfe. Trotz ihres Talents betont sie, dass sie nach wie vor aus Spass surft. «Deshalb weiss ich auch nicht, wie lange ich noch Contests machen werde.»

Egal, ob sie noch Wettkämpfe absolviert oder nicht – Anna Lemann ist eine der führenden Persönlichkeiten in der Flusssurf-Szene. Ihre Leidenschaft für das Surfen, ihre Liebe zur Natur und ihr Engagement für die Sicherheit machen sie zu einer Inspiration für Surffans in der Region und darüber hinaus.

Sicherheit ist oberstes Gebot

Das Flusssurfen ist am Boomen. Mit mehr Surfenden geht aber auch ein erhöhtes Risiko einher. Anna Lemann betont die Wichtigkeit der Sicherheit: «Die Menschen sollten sich jederzeit mit dem Fluss und der Sicherheit beschäftigen und das offene Fliessgewässer nie unterschätzen. Die Wassermassen sowie Steine können schnell gefährlich werden.» Beim Festmachen des Bretts am Fuss sollte ein Kabelbinder als Verbindung genutzt werden. In Thun werden bei der Scherzligwelle auch Kurse angeboten, um das Surfen in vollen Zügen erlernen und geniessen zu können.

14.09.2023 :: Valeria Siegenthaler (vss)