Grosses Aufgebot für Haydns grosses Werk: Das Langnauer Orchester, der Konzertchor und drei Solisten. / Bild: Elio Stettler (ese)
Langnau: Das Langnauer Orchester brachte zusammen mit dem Konzertchor und Vokalsolisten in der reformierten Kirche Joseph Haydns «Vier Jahreszeiten» zur Aufführung.
Nach der erfolgreichen Uraufführung der «Vier Jahreszeiten» schrieb Haydn: «Die ‹Vier Jahreszeiten› haben mir die Übel zugezogen. Ich hätte sie nie schreiben sollen. Ich habe mich dabei übernommen.» Wie konnte Haydn soweit kommen? Nun, wer beispielsweise den Text zu Nr. 30 (Chor) liest, ohne dabei die herrliche Musik zu hören, der spürt bald einmal, dass sich viele Teile eigentlich gegen eine Vertonung wehren, auch wenn der Wein gepriesen wird. Da brachte es schon einen treuen, erfahrenen und genialen Komponisten wie Haydn, um daraus ein Kunstwerk zu schaffen. Joseph Haydn soll sich des Öftern über den unpoetischen Text des Librettos (Baron Gottfried von Swieten) beklagt haben und es ist nicht verwunderlich, dass der bereits ältere und gesundheitlich angeschlagene Komponist über zwei Jahre benötigte, um dieses Oratorium fertigzustellen.
Nun, wir sind glücklich, dass Haydn das Libretto seines Freundes (Swieten hatte ihm auch jenes für die «Schöpfung» zusammengestellt) in Angriff genommen und vollendet hat, denn er schuf damit ein Meisterwerk. Überliess er das Ausmalen der Grundstimmungen zumeist dem Orchester, welches damit die Zuhörer in die einzelnen Jahreszeiten mit ihren Charakteristiken (Kälte, Aufbruch, Schwüle, Freude, Niedergeschlagenheit) einführte, so sind die Vokalsolisten, welche als Pächter (Bass) und dessen Tochter (Sopran) und dem jungen Bauern (Tenor) sowie dem Chor als Landvolk und Jäger ihr Erleben der verschiedenen Jahreszeiten zum Ausdruck bringen. So reiht sich in den vier Teilen ein Bijoux ans andere.
Komm, holder Lenz
Im «Frühling» ist es die bekannte Chor-Nummer des ganzen Oratoriums «Komm, holder Lenz», welche heraussticht. Um diese Nummer hat Haydn wohl nicht so sehr kämpfen müssen, er lässt die Sängerinnen und Sänger strahlen und bangen, und hier konnte der Konzertchor sein grosses Können und seine Klangfülle ein erstes Mal so richtig ausleben. Im «Sommer» fiel besonders die Cavatina des Lukas auf. Hier konnte der Tenor Stefan Sbonnik mit seiner hellen, überaus schmiegsamen Stimme die Qualen der Natur unter der glühenden Hitze herausarbeiten. Eindrücklich in dieser Jahreszeit auch die beiden Schlusschöre (das Ungewitter und die aufatmende Abendstimmung), von den Solisten und dem Chor eindrücklich dargestellt. Der «Herbst» wird, wie könnte es anders sein, vom Schlusschor (der Wein ist da) dominiert. Aber zuvor schenkte Joseph Haydn dem Simon (Christian Immler, Bassbariton) eine ganz wunderbare Arie. Er liess mit seiner bald drohenden, bald leise flehenden, ungemein wandelbaren Stimme das Suchen des Jagdhundes ungemein farbig erleben. Und dann eben der Chor der Weinseligen zum Ende des Herbstes. Wie aussergewöhnlich hier Haydn trotz aller textlichen Widerstände das Orchester und die Sänger in verschiedensten Rhythmen feiern und tanzen lässt, war herrlich anzuhören. Im «Winter» hat die Hanne (Kathrin Hottiger, Sopran) ihren grossen Auftritt, beim Erzählen der neuen Mär. Schmeichelnd, scherzend und warnend gab die Sängerin mit ihrer einfühlsamen Stimme und ihrer grossen Musikalität der Geschichte all die nötigen Farben.
Und so gelang es den unter der kundigen Führung Christoph Metzgers stehenden Ausführenden in Orchester und Chor, die geniale Musik Haydns zu einem tiefen Erlebnis werden zu lassen, welches die begeisterten Zuhörer mit grossem Beifall bedankten.