Langnau: In der Kupferschmiede wurde am vergangenen Donnerstag über wichtige Fragen der Selbstbestimmung diskutiert. Gastgeber war der mobile Palliativdienst Emmental-Oberaargau.
Es kann ganz unerwartet und schnell geschehen: Ein Mensch aus dem engsten Familienkreis erkrankt schwer, wird pflegebedürftig und es gibt wenig Aussichten auf Heilung.
Wie können sich die Angehörigen auf diese neue und belastende Situation einstellen? Insbesondere dann, wenn Erkrankte Hilfe vorerst ablehnen; von Externen, aber auch von Ehepartnern und Kindern? Zu diesem Themenkreis organisierte der mobile Palliativdienst Emmental-Oberaargau (mPdEO) am vergangenen Donnerstag einen Publikumsanlass. Schon bei ihrer Begrüssung wiesen Dominique Hügli vom mPdEO und Gerlind Martin auf das Spannungsfeld hin, das zwischen Annehmen und Ablehnen von Hilfe entsteht. «Zum Menschsein gehört, dass wir einander brauchen», sagte die Mediatorin Gerlind Martin: «Das Miteinander und aufeinander angewiesen sein ist menschlich. Und es tut gut.»
Selbstbestimmung als wertvolles Gut
In einem ausführlichen Referat beleuchtete der freischaffende Theologe Heinz Rüegger wichtige Fragen zur Selbstbestimmung und Abhängigkeit. Er beschrieb die Selbstbestimmung als ein wichtiges und wertvolles Gut. Viele Betroffene reagieren sehr sensibel, wenn ihre Selbstbestimmung angetastet wird, betonte Rüegger. Selbstbestimmung sei wie die Menschenwürde unverlierbar. «Und sie ist grundsätzlich und für alle gültig. Sie ist ein Anspruch, der nicht erlischt.» Dies sei selbst bei schwerer Demenz so: «Die Helferinnen und Helfer dürfen nur in einer Weise Hilfe leisten, von der angenommen werden kann, dass die Patientinnen und Patienten sie wollen.» Ferner dürfe nicht vergessen werden, dass die Würde und der Wert eines Menschen nicht abnehmen, wenn er abhängig wird! Rüegger schloss sein Referat mit praktischen Ratschlägen. Es sei nie falsch, sich rechtzeitig vorzubereiten, etwa mit einer Patientenverfügung und mit einem Vorsorgeauftrag. Hilfe annehmen können sei etwas, das sich einüben lässt, schlussfolgerte der Ethiker und Gerontologe.
Ein Betroffener erzählt
Im zweiten Teil kam bei einer Podiumsdiskussion ein Betroffener zu Wort, dessen Lebenspartnerin nach kurzer und schwerer Krankheit verstorben ist. Er liess sich frühzeitig vom mPdEO begleiten und konnte so die schwere Zeit besser bewältigen. Der Aufbau eines breiten Netzwerkes aus Helfenden sei sehr wichtig, aber auch das Erkennen der eigenen Grenzen. Er berichtete, dass die Zusammenarbeit zwischen der Spitex und dem Palliativdienst bestens funktioniert habe. Aufgelockert wurde der Anlass mit Liedervorträgen des Berner Mundartsängers Oli Kehrli, der mit ernsten, aber auch fröhlichen Liedern vielen Farbtupfer zu setzen vermochte.