Einblicke in die endlose Welt des Jazz

Einblicke in die endlose Welt des Jazz
Mareille Merck eröffnete mit ihrer Formation Larus die Langnau Jazz Nights. / Bild: Patrick Britschgi / Bild: zvg
Langnau: Sie sind ein fester Bestandteil des Langnauer Sommers; die Jazz Nights haben das Dorf auch dieses Jahr eine Woche lang mit Kultur geflutet.

Jazz als Kunstform vereinigt zwei kaum zu überwindende Gegensätze: Traditionsbewusstsein und Experimentierfreudigkeit. Dasselbe gilt auch für die Langnau Jazz Nights. Vergangene Woche fand bereits die 31. Ausgabe statt, unterdessen ist das Festival zu einer Langnauer Tradition geworden. Gleichzeitig bietet das Programm immer wieder neue Einblicke in die schier endlose Welt des Jazz.

Noch ein weiterer Gemeinplatz; Jazz ist kein «Breitensport», in der Musikindustrie gilt er als Nischenprodukt. Umso erfreulicher ist es, dass die Konzerte in der grossen Halle der Kupferschmiede jeweils sehr gut besucht sind. Wer denkt, Jazz sei eine urbane Angelegenheit, bestenfalls von einer elitären Minderheit geschätzt, wird hier eines Besseren belehrt.

Auftakt mit der Gitarre

Stellvertretend für die Vielfalt der diesjährigen Jazz Nights kann der erste Abend genommen werden. Er stand im Zeichen der Gitarre und wurde von Mareille Merck und ihrer Formation Larus eröffnet. Das Trio um die Musikerin aus Norddeutschland begann sein Set mit einigen ruhigen, teils fast meditativ anmutenden Nummern. Nicht umsonst heisst ihr aktuelles Album «Stille Wasser». Im Verlauf des Programms gings dann auch noch richtig zur Sache, wobei Mercks Spiel immer unaufdringlich und gleichzeitig eloquent wirkte. Ihre beiden Begleiter, Francesco Losavio am Bass und Janic Haller am Schlagzeug, legten Merck dabei nicht nur den roten Teppich aus, sondern trugen aktiv ihren Teil dazu bei, damit das erste Konzert der heurigen Jazz Nights die Latte für die kommenden Gruppen hoch setzte.

Mareille Merck ist eine Gitarristin und Komponistin, die für eine selbstbewusste Generation von jungen Musikerinnen steht, die sich ihren Platz in einer ehemaligen Männerdomäne gesichert haben. Gerade die elektrische Gitarre war sowohl im Jazz wie auch im Rock ein Instrument, worauf sich vor allem die Jungs austobten.

Mike Stern – ein Star eben

Ein Vertreter dieser älteren Generation stand als nächstes auf der Bühne, der Amerikaner Mike Stern. Und wie er sich austobte! Der heute 70-Jährige zählt zum Jazz-Adel, was in diversen Preisen für sein Lebenswerk zum Ausdruck kommt. Er und seine vierköpfige Gruppe befinden sich derzeit auf Europa-Tournee und machten zwischen zwei Auftritten in Italien einen Abstecher ins Emmental.

Stern ist der Dreh- und Angelpunkt auf der Bühne und lenkt die Aufmerksamkeit auch dann gerne auf sich, wenn er gerade nicht im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens steht. Ein Star eben. Das Programm beginnt ungewohnt mit einem Stück, in dem Sterns Ehefrau und zweite Gitarristin der Band, Leni Stern, singt. Doch danach gehts in die gewohnten Wasser des Fusion-Jazz, den Stern so perfekt beherrscht. Seine Technik auf dem Instrument ist erstaunenswert und entlockt einzelnen Fans im Publikum den einen oder anderen entzückten Zwischenruf. Handykameras werden in Gang gesetzt, um das Feuerwerk zu filmen, das Stern auf seiner Gitarre abzieht. Auch seine Mitstreiter und die Mitstreiterin kommen nicht zu kurz und heimsen ihren Teil des Applauses ein.

Am Schluss bleibt ein Abend in Erinnerung, in dem zwei Musikergenerationen die Bühne bespielten. Mit unterschiedlichen Ansätzen zwar, aber doch vereint im Jazz.

Jazz Nights wurden professioneller

Die Langnau Jazz Nights haben sich über die Jahrzehnte ihres Bestehens professionalisiert, ein unumgänglicher Schritt, um bestehen zu können. Viele der Veränderungen wirken sich für die Besucherinnen und Besucher positiv aus, fallen aber nicht unbedingt auf. Das Essen in der kleinen Halle ist noch etwas exquisiter als früher, der Klang während der Konzerte ist hervorragend abgemischt, die Bühnenbeleuchtung ist unaufdringlich und passt sich perfekt der Stimmung an. Doch vieles bleibt unbemerkt; das Netzwerk, welches nötig ist, um all die grossen Namen nach Langnau zu holen, der organisatorische Aufwand, um die Konzerte in der Kupferschmiede und jene auf dem Viehmarktplatz auf die Beine zu stellen und nicht zu vergessen die Workshops für angehende Musikerinnen und Musiker. Diese Workshops heben die Jazz Nights weit über den Status eines gewöhnlichen Musikfestivals hinaus. Hier wird Nachwuchsförderung betrieben, ein Fachkräftemangel ist nicht in Sicht.

Nahe der Comic-Welt

Auch bildende Kunst hat ihren festen Platz während den Jazz Nights. In der alten Halle der Kupferschmiede wurden heuer Werke des Berners Samuele Vesuvio unter dem Titel «Vesuvio Big Band» ausgestellt. Die grossen Installationen zeigten Zeichnungen, die an die Comic-Welt angelehnt sind und den Besucherinnen und Besuchern auch nach längerer Betrachtung immer wieder neue Details eröffneten. Auch bei diesen speziell für den Anlass gefertigten Werken stand, wie es der Titel verheisst, der Jazz im Mittelpunkt.

03.08.2023 :: Busche Frei (fbw)