Der 1-PS-Krankenwagen wird eine neue Bleibe erhalten. / Bild: Gabriel Anwander (agl)
Langnau: Vor 120 Jahren war sie nigelnagelneu, die Kutsche, in welcher Schwerkranke und Verunfallte ins Spital gebracht wurden. Das Erinnerungsstück vor dem Spital erhält nun einen neuen Platz.
Vor hundert Jahren hatten sich die Leute zu gedulden, wenn sie mit der Ambulanz in die Notaufnahme gefahren werden wollten. Vor dem Eingang des Spitals Emmental in Langnau steht eine stumme Zeugin aus jener Zeit: der Krankentransportwagen. So hiess die schlichte Kutsche damals. Sie wurde 1903 vom Samariterverein der Bezirkskrankenanstalt geschenkt. Die Leitung der Anstalt schloss darauf mit einem Fuhrmann einen Vertrag ab. Dieser garantierte der Anstalt, zu jeder Tages- und Nachtzeit einen zuverlässigen Kutscher sowie ein ausgeruhtes Pferd bereitzuhalten. Selbstverständlich war es ihm verboten, den Wagen anderweitig zu nutzen oder auszuleihen.
Nicht mit Blaulicht unterwegs
Zu der Zeit gab es kein Telefon im Emmental. Die praktischen Geräte kamen erst auf, als die Kutsche durch einen Motorwagen abgelöst wurde. Wenn eine Person auf einem abgelegenen Hof verunfallte oder schwer erkrankte, musste zuerst ein Bote zu Fuss oder auf dem Pferd nach Langnau entsandt werden. Bis die Patientin oder der Patient schliesslich in der Notaufnahme eintraf, dürften Stunden verstrichen sein. Für den Transport hin und zurück konnte der Fuhrmann der Anstalt drei Franken in Rechnung stellen. Für eine längere Fahrt mit zwei Pferden, nach Burgdorf oder Münsingen, oder im Winter durch tiefen Schnee durften fünf Franken pro Wegstunde verrechnet werden. Die Kosten für die Wegzehrung des Kutschers und der Pferde waren darin eingeschlossen.
Platz für Container und Parkfelder
Nun muss die Kutsche weg. Das Spital Emmental hat vor Kurzem einige Container, die zuvor am Standort Burgdorf als Impf- und Testzentrum dienten, nach Langnau verschoben, um zusätzliche Räume zu schaffen. Die provisorisch hingestellten Container am Rande des Parkfeldes westlich des Spitals werden im Laufe des Jahres möbliert. Die Verschiebungen ziehen weitere Veränderungen auf dem Areal nach sich. Eine Garage wird versetzt, sieben verlorene Parkplätze neu geschaffen, einzig die Vitrine mit der Kutsche muss weichen. «Wir werden eine schöne, neue, passende Stätte für die Kutsche finden», versichert Beat Ruch, Leiter Technik und Sicherheit, auf Anfrage. Sie bleibe auf jeden Fall in Langnau, fügt er noch an. Ein zuverlässiger Kutscher und ein ausgeruhtes Pferd für den Umzug lassen sich zu gegebener Zeit bestimmt auch finden.