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Spielerisch

Ich kann mich noch gut an meine kinderlose Zeit erinnern. Besserwisserisch sass ich auf meinem Beobachtungsposten und dachte mir Dies oder Jenes zu irgendwelchen Eltern. Als lustige Clownin, herzliches Gotti oder aufgestellte Nachbarin kam mir immer eine Animation in den Sinn, um das Kind spielerisch abzuholen: Beispielsweise auf zehn zu zählen und wer am schnellsten im Pyjama ist, hat gewonnen. Sich ­Tiere ausdenken und wie ein Gepard einen Wanderweg bestreiten, auf dem sonst Gemaule wäre. Im Auto Geschichten ausdenken, beim Abwaschen singen und Witze erzählen. Sie wissen schon. Das Leben mit etwas Kreativität anpacken. 

Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir gedacht: Diese entnervten Eltern haben alle keine Fantasie. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass die Eltern solche Spiele und noch viele mehr, längst anwenden. Diese aber nur funktionieren, wenn sie ernst, also wirklich spielerisch gemeint sind.

Und nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich als Mama manchmal absolut keinen Bock mehr auf spielerische Animation habe und einfach sagen möchte: Lauf! Los! Nein! Warum?  Weil ICH es sage BASTA.

Trotz meiner «Schweiz-ohne-Armee- Einstellung» habe ich, seit ich Mama bin, ab und zu extrem das Bedürfnis, herumzukommandieren und dabei ohne Wenn und Aber Zuspruch zu erhalten. Gradlinigkeit! Im Gänsemarsch hinter mir her! Den Spielecken aufräumen, schön ordnen, bis zur Zimmerkontrolle muss es glänzen! Mund ­putzen! Stillsitzen! Pssst! Ich dulde in meiner Truppe kein Ungehorsam. So poltert der Feldwebel manchmal in mir herum und schimpft und verkündet Regeln und Richtlinien.

Doch, meine Tochter, was macht dieses zweijährige Mädchen? Sie bringt mir Schnecken, schenkt mir Blümchen vom Wegrand und macht gar nicht mit bei meinem Marsch nach vorne.

Sie drückt mir einen Kuss mit ihrem Tomatensaucen-Mund auf die Wange und lässt meinen inneren Feldwebel verstummen. Passend zu ihrer Geste wäre hier das Lied «Imagine». Stell dir vor, es wäre Krieg und niemand würde hingehen.  Nach leichtem Gebrumm, drück ich ein Auge zu und manchmal beide.

Wenn es dann doch mal wirklich, ­richtig ernst gilt, da brülle ich sie dann doch an und zwar so: «Uäää, Mama ist eine wilde Löwin, springe schnell ins Bett.» Quitschend vor Freude springt sie wie ein Rehchen vor mir her. Ich lege es weg das Gewehr der Befehle, die Gradlinigkeit verbiege ich zu einem Trampolin und das Ziel, das erreiche ich dann eben doch spielerisch.

29.06.2023 :: Fabienne Diessel-Krähenbühl