Gut ein Jahr vor der Pensionierung verlässt Andreas Aebi Langnau – jedenfalls beruflich. / Bild: Markus Zahno (maz)
Langnau: Der langjährige Sek-Lehrer Andreas Aebi zieht die Konsequenzen aus der Schulmodell-Debatte und wechselt nach Spiez. Politisch will er sich aber weiter äussern in Langnau.
Lehrer an der Sekundarschule Langnau – das sei seine Lebensstelle, sagt Andreas Aebi. Seit 37 Jahren unterrichtet er hier. Vor zehn Jahren gab er zudem das Buch «Hände hoch!» heraus, eine Ode an die Schule.
Doch nun, anderthalb Jahre vor seiner Pensionierung, hat er die Kündigung eingereicht. So wie er werden auch verschiedene andere Lehrkräfte nicht mehr dabei sein, wenn Langnau im kommenden August mit der neuen, durchlässigen Oberstufe startet (die «Wochen-Zeitung» berichtete). In der Diskussion um das künftige Schulmodell zerstritt sich Aebi mit der Führung der Schule Langnau. «Es wurde mit harten Bandagen gekämpft, auch von meiner Seite. Ich war also nicht nur Opfer, sondern auch Täter», stellt der 63-Jährige klar. «Darum ist es hilfreich, wenn ich gehe.»
Im August wird Aebi, für voraussichtlich noch ein Schuljahr, eine neue Stelle als stellvertretender Klassenlehrer in Spiez antreten.
«Nume nid stürme»
Auch wenn die Umstände erfreulicher sein könnten: Andreas Aebi geht nicht im Groll. «Dass ich so lange geblieben bin, hat mit den hervorragenden Gelingensbedingungen an dieser Schule zu tun: angenehme Jugendliche, verständige Eltern, eine gute Infrastruktur und ausreichend pädagogische Freiheiten», sagt er. Doch die Gelingensbedingungen drohen sich in seinen Augen zu verschlechtern. «Im nächsten Schuljahr müsste ich eine grosse und heterogene Klasse unterrichten, in welcher Jugendliche mit sonderpädagogischem Bedarf, Real- und Sekschülerinnen sowie Sport- und Musiktalente vereint sind.» Dem fühle er sich nicht gewachsen.
Sein Wohnort bleibt aber Langnau. Hier wird er sich weiterhin in politischen Diskussionen einbringen, er, der lange im Grossen Gemeinderat sass. Zuerst war er parteilos, dann SP-Mitglied, heute wieder parteilos. Dennoch schrieb er im SP-Parteiblatt «Links i.E.» weiterhin seine Kolumne. Kürzlich erschien sie zum letzten Mal – und Aebi formulierte darin deutlich, was ihn in Langnau stört: das «notorische Verweigern von gründlichen Debatten», das vorherrschende Credo «Nume nid stürme».
Friendsfondue im «Bädli»
Andreas Aebi ist überzeugt: Es brauche harte Diskussionen, in denen man auf die Gegner einer Vorlage eingehen müsse. Nur so sei Fortschritt möglich – besonders in der Frage, wie die Gemeinde auf den rasenden Klimawandel reagieren könne.
Aebi scheut sich auch dann nicht vor Kontroversen, wenn die Kritisierten seine Freunde sind. Wie damals, vor über 15 Jahren, als der Gemeinderat an einem neuen Eisstadion auf der Zeughausmatte herumplante und die Ilfishalle zu einer Dreifachturnhalle umfunktionieren wollte. Völliger Unsinn sei das, fand Andreas Aebi. Er lancierte eine Petition, die von 343 Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben wurde. Damit fuhr er auch dem damaligen Gemeindepräsidenten Bernhard Antener an den Karren, mit dem ihn eine lange Freundschaft verbindet, mit dem er vor 40 Jahren gemeinsam in einer WG lebte. Antener habe Kritik stets sportlich genommen, sagt Aebi. Nur einmal, nach der Abstimmung über die Überbauung Ilfisschachen, sei die Freundschaft kurz in Gefahr gewesen. «Doch dann trafen wir uns im ‹Bädli› zu einem Friedensfondue, seither ist alles wieder gut.»
Kampf gegen den Verkehr
Andreas Aebi lebt zusammen mit seiner Frau in der Alten Post mitten im Dorf. Ihr Vermieter trage grosse Sorge zum historischen Erbe, überhaupt habe der Dorfkern von Langnau «architektonisch ein unglaubliches Potenzial», sagt Aebi. Dass die Lebensqualität im Dorf in seinen Augen dennoch abgenommen hat – das liege am Verkehr. «In den über 20 Jahren, die wir hier wohnen, hat sich der Individualverkehr verdreifacht», sagt er, während er am Stubentisch sitzt.
«Dem Individualverkehr wird in Langnau der rote Teppich ausgerollt», findet Aebi. «Je besser die Strassen, je mehr Parkplätze – desto attraktiver ist es, mit dem Auto unterwegs zu sein.» Doch das sei nicht mehr zeitgemäss. Er plädiert deshalb für eine Verknappung des Angebots, für flächendeckendes Tempo 30 im Dorf, für das Pflanzen neuer Bäume, das Renaturieren von versiegelten Plätzen. Der Gemeinderat habe durchaus ein offenes Ohr für solche Ideen, konstatiert Aebi. Nun müsse die Denkweise auch auf alle Abteilungsleitungen der Verwaltung übergehen.
Ein Schluss-Feuerwerk
Ja, man spürt: Andreas Aebi hat noch lange nicht fertig. Er gehört dem Vorstand des Vereins Dorfbild Langnau an, will sich für Referenden oder Initiativen engagieren – und sich nach der Pensionierung noch mehr dem Schreiben widmen. «Vielleicht schaffe ich sogar den Roman, den ich schon lange in der Pipeline habe», sagt er.
Zum Abschluss seiner 37 Jahre an der Sek Langnau steht noch ein Feuerwerk an. Im Juni bringt die Klasse 9A mit «Life is a Magic-Cube» in der Kupferschmiede ein Abschlussprojekt zur Aufführung, in dem Aebi als Autor und Co-Regisseur mitwirkt. «Wir verabschieden uns mit Schauspiel, Tanz und Musik. Etwas Schöneres gibt es nicht.»