Emotionaler Schlusspunkt einer lehrreichen Saison

Emotionaler Schlusspunkt einer lehrreichen Saison
Die Erleichterung ist ihnen anzusehen: Trainer Thierry Paterlini (links), Captain Harri Pesonen (rechts oben) und Abwehrchef Sami Lepistö. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Langnau bezwingt Ajoie in einer nervenaufreibenden Verlängerung. Headcoach Thierry Paterlini spricht über die Playoutserie und über seine erste Saison im Emmental.

Es war bereits Sonntag, 14 Minuten nach Mitternacht, als Captain Harri Pesonen die SCL Tigers erlöste. Mit dem Siegtreffer in der 94. Minute setzte er den Schlusspunkt – hinter die packende Playoutserie gegen den HC Ajoie und hinter die gesamte Langnauer Saison.

Für die SCL Tigers war es ein enorm wichtiger Treffer. Er sicherte vorzeitig den Ligaerhalt. Entsprechend viel Druck fiel von der Mannschaft ab. «Wir haben die Situation in einem grösseren Meeting vor der Serie thematisiert», erklärt Headcoach Thierry Paterlini. «Der Druck ist nunmal viel grösser, wenn man gegen den Abstieg und damit um die Arbeitsplätze vieler Leute spielt.»


Viel Energie in der Verlängerung

«Das 4:2 in der Serie entspricht der Leistung auf dem Eis», findet Thierry Paterlini. «Abgesehen vom dritten Spiel der Serie, als wir zuhause verloren haben, waren wir in jedem Spiel das bessere Team.» Das sei hoch zu werten, erklärte der Coach. Besonders vor dem Hintergrund, dass Ajoie sich für längere Zeit auf diese Serie vorbereiten konnte, während die Langnauer viel Energie ins Erreichen der Pre-Playoffs steckten. «Der Energiehaushalt war über die ganze Saison ein wichtiges Thema für uns», erklärt Paterlini.

Der Umgang mit den Kräften der Leistungsträger scheint gelungen zu sein. In den beiden letzten Spielen der Serie hatten die SCL Tigers zweimal die Kraft, einen Zwei-Tore-Rückstand  aufzuholen. Zudem waren sie in den lange andauernden Verlängerungen klar spielbestimmend. Woran lag das? «Es spricht sicher für ein sehr gutes Off-Ice-Training», sagt Paterlini und fügt an: «Da steckt monatelanges Training dahinter. Auch das Management der Eiszeit ist wichtig, genauso wie der mentale Aspekt.»


Umstellung im richtigen Moment

In den wichtigen Momenten bewiesen Thierry Paterlini und sein Staff auch ein gutes Gespür. So stellten sie im Heimspiel von letzter Woche kurz vor Ende der regulären Spielzeit die Linien um. Resultat waren zwei Tore zum Ausgleich kurz vor Schluss sowie der Siegtreffer durch Pascal Berger in der Verlängerung. Paterlini meint dazu: «Es war sozusagen der letzte Joker, den man als Coach hat. Die Kräfte bündeln und etwas zu versuchen.» Auch im letzten Spiel brauchte es einen Impuls von der Bank. Nachdem die Tigers im Mitteldrittel innert kürzester Zeit drei Gegentore erhielten, nahm Thierry Paterlini sein Timeout. «Es war so laut, man verstand sowieso nicht viel. Es ging um das Zeichen», so der 47-jährige Coach.

Das Wichtigste war laut Paterlini, dass die Mannschaft in der Lage war, Rückstände von zwei Toren aufzuholen und ihr Spiel dann durchzuziehen. Während man zu Beginn der Saison nach Doppelschlägen des Gegners oft auseinanderbrach, blieb das Team fokussiert und spielte nach Plan weiter. «Dieses Gefühl und das Wissen, wie man die zwei Tore aufholen kann, das müssen die Spieler abspeichern und in Zukunft immer wieder darauf zurückgreifen», erklärt der Coach. 

Zudem sei es enorm wichtig gewesen, Spiele zu bestreiten, in denen es um alles oder nichts gehe, wo jeder seinen Mann stehen müsse. So sehe man als Trainer, welche Spieler in dieser Situation performen, was in Zukunft ebenfalls wertvoll zu wissen sei. Paterlinis prägnantes Fazit: «Ein früheres Saisonende wäre bequemer gewesen, so war es wesentlich lehrreicher.»


Respekt verdient

Seine erste Saison als Trainer in der höchsten Liga sei sehr fordernd gewesen, bilanziert Thierry Paterlini. Nach den Corona-Spielzeiten sei man weit weg von einem kompetitiven Alltag gewesen. «Wir haben uns durch die Saison gekämpft. Um ein Spiel zu gewinnen, müssen immer alle 21 Spieler an ihre Leistungsgrenze gehen.

Besonders zufrieden ist Paterlini, dass sich die Tigers nach einer harzigen Vorbereitung und einem misslungenen Saisonstart stabilisieren und dann konstant spielen konnten. Ausser Ambri wurde jeder Gegner mindestens einmal bezwungen. «Ausserdem bin ich stolz, dass wir uns in der Liga wieder Respekt erarbeitet haben», erklärt er. Die Gegner hatten es in Langnau schwer. «Das ist auch der Verdienst der Fans. Ihre Unterstützung war grossartig. Das hat Freude gemacht», so Paterlini. Trotz der positiven Saison ist er sich bewusst, dass wieder eine schwierige Spielzeit bevorsteht: «Wir haben nicht die Mittel, um zusätzlich mehrere Topspieler zu verpflichten. Wenn wir also besser werden wollen, dann muss jeder einzelne Spieler besser werden. Wir müssen es intern schaffen.» In dieser Hinsicht lobt er seine Staff-Kollegen und Kolleginnen. «Sie alle, egal in welcher Funktion, haben so viel investiert und das Team besser gemacht.»

Während die Spieler ab Montag drei Wochen Ferien haben, arbeitet Thierry Paterlini noch die aktuelle Saison auf. Im Juni wird er Zeit haben, das Eishockey etwas beiseitezulegen und die Batterien aufzuladen – damit er auch in der kommenden Saison das Maximum aus seinen Spielern herausholen kann.

30.03.2023 :: Micha Strohl (msz)