Wie Lebensmittel, deren Produktion den Klimawandel befeuern

Wie Lebensmittel, deren Produktion den Klimawandel befeuern
Das globale Nahrungsmittelsystem treibt den Klimawandel voran. Auch die hiesige Landwirtschaft wird sich anpassen müssen. / Bild: Max Sterchi (mss)
Bärau: Das 74. Bäreggforum ging der Frage nach klimagerechter Produktion von Lebensmitteln nach. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu sind vielfältig und bergen viele Zielkonflikte.

Wie Organisator Hans Neuenschwander einleitend feststellte, könnte das Thema eine emotionale und politische Diskussion auslösen. Sein Ziel sei aber, «die Fragen um die Lebensmittelproduktion vorurteilsfrei und gestützt auf Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse anzugehen». Aber bereits der rund 20-minütige Ausschnitt aus dem Film «10 Milliarden – wie werden wir alle satt?» wäre geeignet gewesen, eine emotionale Diskussion auszulösen. Regisseur Valentin Thurn geht darin der Frage nach, ob die Nahrung künftig aus nachhaltiger oder industrieller Produktion, aus dem Labor oder von der Biofarm stammen wird. Es sind interessante, aber auch erschreckende Bilder über Geflügelmast oder den gewinnbringenden Soja-Anbau. Der Film zeigt vor allem eines auf: So kann es nicht weitergehen.


Klimaziele sind in Gefahr

In seinem Referat zeigte Manuel Boss, Pflanzenbiologe und Leiter Kompetenzbereich Pflanzen und pflanzliche Produkte im Forschungsinstitut Agro­scope, die wissenschaftlichen Aspekte zur klimagerechten Lebensmittelproduktion auf. Er beleuchtete dabei verschiedenste Themen und kam zum Schluss, dass sowohl bei der Landwirtschaft wie bei den Konsumenten Handlungsbedarf bestehe. Tatsache sei – das zeige der neueste Synthesebericht des Weltklimarats – dass die Welt die Pariser Klimaziele nicht erreichen werde. Allein die heutigen Emissionen des globalen Nahrungsmittelsystems verhinderten das Erreichen des Klimaziels, selbst wenn die Emissionen der fossilen Brennstoffe komplett eliminiert würden. Nebst dem Verkehr und der Industrie seien die Landwirtschaft mit rund 15 Prozent und die Haushalte mit rund 16 Prozent für die Treibhausgasemissionen der Schweiz verantwortlich.


Optimierte Ernährung schont Umwelt

Wie Boss erläuterte, leitet die Forschung ihre Arbeiten aus der Vision 2050 des Bundesrates ab. So wolle man besser verstehen, wo die Emissionen genau entstehen. Die Forschung suche nach alternativen Futtermitteln und nach Kulturen mit anderen Temperaturansprüchen, erforsche die Pflanzenzüchtung im Hinblick auf den Klimawandel, die Agri-Photovoltaik, ein präventives Wassermanagement im Obstbau oder erhöhe die Gebietsüberwachung für Pflanzenschadorganismen. Anhand von Fakten legte der Pflanzenbiologe dar, dass sich die Einhaltung der Empfehlungen in der Lebensmittelpyramide positiv auf die gesamte Lebensmittelproduktion und Gesundheit auswirken und den CO2-Ausstoss wesentlich verringern würde.

Es seien zahlreiche Themen, welche die künftige Agrarpolitik und die Lebensmittelversorgung beträfen. Wichtig dabei sei, dass sich die Lösungen ins Gesamtsystem einpassten, um möglichst vielen Zielkonflikten Rechnung zu tragen. Im Vordergrund stünden eine nachhaltige und gesunde Er-nährung, eine wirtschaftliche und artgerechte Nutztierhaltung und wettbewerbsfähige Produktion. Ergänzend zur wissenschaftlichen Optik erläuterte Andreas Wyss, Co-Produzent von «Agrarpolitik – der Podcast» die Agrar-Perspektive 2050 des Bundesrates. Und beim abschliessenden Apéro hatte doch noch die eine oder andere politische oder weltanschauliche Meinung Platz.

30.03.2023 :: Max Sterchi (mss)